Pharmazeutische Zeitung online
Bericht des GKV-Spitzenverbands

Neue Importregeln senken GKV-Arzneimittelausgaben

Nach einem heftigen Streit rund um die sogenannte Importförderklausel wurden die Regelungen zum Arzneimittelimport im Juli 2019 umgestellt. Zwei Jahre später hat der GKV-Spitzenverband nun eine Evaluation der neuen Sparregeln veröffentlicht und kommt zu dem Schluss, dass sich die Einsparungen durch die neuen Austausch-Maßnahmen fast verdoppelt haben. Die Ergebnisse sind aber mit Vorsicht zu interpretieren.
Benjamin Rohrer
15.07.2022  16:30 Uhr

In den Jahren 2018 und 2019 tobte eine heftige Diskussion rund um die sogenannte Importförderklausel. Sowohl der Deutsche Apothekerverband (DAV) als auch die Krankenkassen forderten geschlossen eine Abschaffung der Import-Regelung, die für viel Bürokratie in den Apotheken sorgt. Zwischenzeitlich kursierte sogar ein vom damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) etablierter Gesetzentwurf, in dem die Regelung gestrichen werden sollte.

Doch es gab parteiinterne Widerstände und so lief es auf einen Kompromiss hinaus: Im damaligen Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) wurde festgehalten, dass die Quote zwar für Biologika und parenteral zu verabreichende Zytostatika komplett entfällt. Für alle anderen Arzneimittel ist nun jedoch eine gestaffelte Regelung vorgesehen. Kostet das Arzneimittel weniger als 100 Euro, muss der Import 15 Prozent günstiger sein. Bei einem Abgabepreis zwischen 100 und 300 Euro sind es 15 Euro und bei Medikamenten, die teurer sind als 300 Euro, ist eine Differenz von 5 Prozent gefordert. Grundsätzlich dürfen Apotheken aber nur noch gegen einen Import austauschen, wenn das verordnete Arzneimittel zum »importrelevanten Markt« gehört. In diesen Bereich gehören nur Arzneimittel, für die kein Rabattvertrag vorliegt oder bei denen aus anderen Gründen kein rabattiertes Arzneimittel abgegeben werden kann. Klar ist aber auch: Die Apotheke darf selbst auswählen, welche Arzneimittel sie aus dem importrelevanten Markt durch einen Import austauscht und welche nicht.

Einsparungen nach Einführung fast verdoppelt

Aufgrund des heftigen Widerstands gegen die Apotheken-Austauschregeln wurde der GKV-Spitzenverband zudem gesetzlich dazu verpflichtet, dem Bundestag eine Evaluation der neuen Sparmaßnahmen zuzuleiten. Die PZ hatte zuletzt berichtet, dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) eine erste Version des Berichts schon im Dezember 2021 vorgelegt bekommen hatte. Nun liegt das Papier auch dem Bundestag vor. Der Kassenverband hat darin die Preise der abgegebenen, preisgünstigsten Importarzneimittel mit den Preisen der jeweiligen Referenzarzneimittel (AVP-Ebene) verglichen. Die Analyse zeigt, dass sofort nach Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1. Juli 2019 ein deutlicher Anstieg in den Einsparungen erfolgte. Während der Preisunterschied im Juni 2019 noch bei rund 7 Prozent lag, stieg er im Juli 2019 auf rund 12 Prozent. Bis Ende des Jahres 2019 fiel der Unterschied zwischen den Preisen bei Importen und Nicht-Importen allerdings wieder auf rund 10 Prozent ab.

Daten durch Corona-Sonderregelungen schwer zu interpretieren

»Bei dieser Größe zeigt sich nach dem 1. Juli 2019 ein deutlicher Anstieg der erreichten Einsparungen. Insofern kann die gesetzliche Neuregelung als zielführend bezeichnet werden«, resümiert der Kassenverband. Der Verband weist zudem daraufhin, dass die großen Einsparungen im Monat Juli 2019 wahrscheinlich auf die »fehlende Erfahrung der Apotheken mit den neuen Regeln« zurückgingen und dass die Apotheken »einen sehr hohen Wert auf die Erreichung eines Einsparziels legten«.

Der GKV-SV erklärt allerdings auch, dass eine abschließende Bewertung der neuen Import-Regelungen nicht möglich sei. Grund dafür seien die in der Sars-Cov2-Arzneimittelversorgungsverordnung festgehaltenen Sonderregelungen zum Austausch rabattierter Arzneimittel, die in der Pandemie hinzukamen. Zur Erinnerung: Durch die Verordnung dürfen Apotheken unter gewissen Umständen auch nicht-rabattierte Arzneimittel abgeben. »Aufgrund der Corona-Sonderregelungen, die ein Abweichen von den Vorgaben des Rahmenvertrags ermöglichen, ist es nicht möglich, die Auswirkungen der Neuregelungen für Importarzneimittel abschließend empirisch zu bewerten«, schreibt der Verband.

Apotheken tauschen Biopharmazeutika weiter aus

Etwas überraschend sind die Evaluationsergebnisse im Bereich der biotechnologisch hergestellten Arzneimittel, für die die Importförderklausel komplett aufgehoben wurde. Die Zahlen des GKV-SV zeigen hier, dass der Anteil der Einsparungen durch preisgünstige Importe von solchen Arzneimitteln an den gesamten Einsparungen durch Importe zwischen Juli 2019 und Juni 2021 stagniert (bei rund 25 Prozent). Der Kassenverband zieht das Fazit: »Die Apotheken geben weiterhin preisgünstige Importe innerhalb dieser Gruppe von Arzneimitteln ab, obwohl die Abgaberegeln hier keinen gesonderten Vorrang mehr vorsehen.«

In seinem Fazit weist der GKV-SV nochmals ausdrücklich darauf hin, dass die in der Evaluation enthaltenen Daten aus mehreren Gründen mit Vorsicht zu genießen sind. Wörtlich heißt es: »Aus systematischer Perspektive sorgt der Abgabevorrang für preisgünstige Importe im Segment der nicht-austauschbaren Arzneimittel für einen größeren Wettbewerbsdruck. Dieser führt auf mehreren Wegen dazu, dass die Ressourcen der Solidargemeinschaft geschont werden können. Es ist nicht möglich, die indirekten Effekte der Regelungen quantifiziert finanziell zu beurteilen. Dem GKV-Spitzenverband stehen keine Informationen zu Rabatteinnahmen der Krankenkassen zur Verfügung. Zudem wurden die Abgaberegeln zumindest zeitweise von Corona-Sonderregelungen überlagert. Analysen zum Abgabevorrang von preisgünstigen Importen sind also mit erheblichen Limitationen verbunden. Die Beurteilung der direkten Einspareffekte sprechen jedoch dafür, dass die Neuregelung der Preisabstände den erwarteten Effekt in Form höherer Einsparungen erreichen kann.«

Keine absoluten Zahlen vorgelegt

Dass die nun vorliegenden Daten für eine komplette Streichung der Importförderklausel ausreichen, ist also stark anzuzweifeln. Sehr auffällig ist aber, dass der GKV-Spitzenverband in seinem Bericht an keiner einzigen Stelle auf absolute Zahlen bei den Einsparungen eingeht. Es bleibt also völlig offen, wie hoch die Einsparungen der Kassen durch Importe in absoluten Zahlen seit der Neuregelung ausgefallen sind.

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