Neue Immuntherapie bei Lungenkrebs |
Kerstin A. Gräfe |
06.06.2025 09:00 Uhr |
Unter der Behandlung mit Serplulimab können immunbedingte Nebenwirkungen auftreten, die mehrere Organe gleichzeitig betreffen und teils schwer oder tödlich verlaufen können. Dies sind unter anderem Haut, Magen-Darm-Trakt, Lunge, Leber, Nieren und endokrine Organe. Die unerwünschten Wirkungen können noch Monate nach der letzten Dosis auftreten. Die meisten davon waren reversibel und durch Aussetzen der Behandlung, Verabreichung von Corticosteroiden und/oder unterstützende Maßnahmen beherrschbar. Anleitungen zum Vorgehen bei immunvermittelten Nebenwirkungen finden sich in der Fachinformation.
Die Anwendung systemischer Corticosteroide oder Immunsuppressiva vor Therapiebeginn sollte vermieden werden, da dies die Wirksamkeit von Serplulimab beeinträchtigen kann. Jedoch können systemische Corticosteroide oder andere Immunsuppressiva zur Behandlung immunbedingter unerwünschter Reaktionen nach Beginn der Behandlung mit Serplulimab eingesetzt werden.
Frauen im gebärfähigen Alter sollten während der Behandlung und mindestens sechs Monate nach der letzten Dosis wirksam verhüten. Es wird nicht empfohlen, den Antikörper während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter anzuwenden, die keine wirksamen Verhütungsmittel anwenden.
Humane IgG gehen in den ersten Tagen nach der Geburt in die Muttermilch über, wobei die Konzentrationen bald auf ein niedriges Niveau absinken. In diesem kurzen Zeitraum kann ein Risiko für den gestillten Säugling nicht ausgeschlossen werden. Danach kann Serplulimab während der Stillzeit angewendet werden, wenn dies klinisch erforderlich ist.
Die Zulassung basiert auf der doppelblinden placebokontrollierten Phase-III-Studie ASTRUM-005 an 585 erwachsenen Patienten mit ES-SCLC ohne vorherige systemische Behandlung. Die Teilnehmenden erhielten randomisiert im Verhältnis 2:1 entweder Serplulimab plus Chemotherapie oder Placebo plus Chemotherapie. Die Behandlung wurde in beiden Gruppen bis zum Fortschreiten der Erkrankung oder dem Auftreten nicht tolerierbarer Nebenwirkungen fortgeführt. Als primärer Endpunkt war das Gesamtüberleben definiert.
Eine erste Interimsanalyse nach durchschnittlich 12,3 Monaten ergab unter Serplulimab plus Chemotherapie ein signifikant verlängertes medianes Gesamtüberleben von 15,4 Monaten gegenüber 10,9 Monaten unter Placebo plus Chemotherapie. Der Vorteil im Gesamtüberleben blieb auch über eine durchschnittliche Nachbeobachtungszeit von 31,6 Monaten bestehen (15,8 Monate versus 11,1 Monate).
Die häufigsten Nebenwirkungen waren Neutropenie, Leukopenie, Anämie, Thrombozytopenie, Alopezie, Übelkeit, Hyperlipidämie, verminderter Appetit, Hypoproteinämie und Hyponatriämie.
Mit Serplulimab gibt es einen weiteren Checkpoint-Inhibitor für die Krebsimmuntherapie. Der Antikörper ist vorläufig allerdings als ein Analogpräparat anzusehen. Zum einen ist das Wirkprinzip mittlerweile schon fast ein »alter Hut«. Antikörper wie Nivolumab und Pembrolizumab adressieren wie Serplulimab den PD-1-Rezeptor und kamen schon vor rund zehn Jahren auf den deutschen Markt. Sie sind mittlerweile bei vielen verschiedenen Krebsarten zugelassen.
Zwar ist das kleinzellige Lungenkarzinom nicht dabei, dennoch bringt Serplulimab keinen Fortschritt. Denn die sehr ähnlich wirkenden Antikörper gegen den PD1-Liganden Atezolizumab und Durvalumab sind – neben anderen Einsatzgebieten – auch eine Therapieoption beim kleinzelligen Bronchialkarzinom im fortgeschrittenen Stadium (ES‑SCLC). Auch wenn Serplulimab seine Wirksamkeit und Verträglichkeit im Rahmen der Phase-III-Studie ASTRUM-005 unter Beweis stellen konnte, bringt der neue Antikörper somit keinen Therapiefortschritt.
Sven Siebenand, Chefredakteur