Neue Ernährungsempfehlungen bei Diabetes |
Mit einer Ernährungstherapie erzielt man die besten Erfolge, wenn ein Typ-2-Diabetes noch nicht zu lang besteht. / Foto: Getty Images/AlexRaths
Die Ernährungsweise bei Diabetes Typ 2 lässt sich insgesamt unkomplizierter und individueller gestalten als bislang angenommen. Das hat eine Auswertung des Ausschusses »Ernährung« der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) der diesbezüglichen Studienlage seit 2004 ergeben. Die neuen Erkenntnisse sind nunmehr in die aktualisierte Version der »DDG-Praxisempfehlungen zur Ernährung von Personen mit Typ 2-Diabetes mellitus« eingegangen.
»Patienten mit Typ-2-Diabetes weisen ganz unterschiedliche Charakteristika und Behandlungsformen auf. Auch unter besonderen Lebensumständen ist die Ernährung entsprechend individualisiert und unter starker Berücksichtigung persönlicher Vorlieben zu gestalten«, heißt es in der Präambel. Die Nahrungszufuhr müsse mit dem gesamten Diabetesmanagement einschließlich Einsatz von Medikamenten und körperlicher Aktivität koordiniert und laufend abgestimmt werden.
Als wichtige Neuerung führen die Autoren der Praxisempfehlungen auf, dass strenge Vorgaben für die Mengenaufnahmen von Fett, Kohlenhydraten und Eiweiß als überholt gelten. Stattdessen könnten Betroffene angepasste Ernährungsmuster wählen, die ihren Präferenzen entsprechen. Auch die Vorgabe, bei eingeschränkter Nierenfunktion weniger Eiweiß zu essen, sei überholt.
Durch eine Reduktion ihres Körpergewichts um 5 bis 10 Prozent könnten adipöse Patienten ihren Zuckerstoffwechsel stark normalisieren und Risiken wie Insulinresistenz oder Dyslipidämie senken, heißt es weiter. Diese könnten dann zum Teil auch ohne Medikamente auskommen. Grundsätzlich sei ein vollständiges Zurückdrängen des Typ-2-Diabetes, also eine Remission möglich.
Die kürzlich im Fachjournal »The Lancet« publizierte »Diabetes Remission Clinical Trial« (DiRECT)- Studie hat die Wirksamkeit einer Ernährungsintervention bei adipösen Typ-2-Diabetikern bestätigt und gezeigt, dass 86 Prozent der Personen, die eine Gewichtsreduktion von mindestens 15 Kilogramm erreicht hatten, eine Diabetesremission erfuhren, unterstreicht die Vorsitzende des DDG-Ausschusses »Ernährung« Professor Dr. Diana Rubin, die federführend an der Neuerstellung der Praxisempfehlungen beteiligt war. »Voraussetzung war eine Diabetesdauer von nicht länger als sechs Jahren«, macht sie in einem begleitenden Pressestatement deutlich.
Um die angestrebte Gewichtsreduktion zu erreichen, könnten Abnehmwillige prinzipiell unter verschiedenen Methoden wie Low-Carb- und Low-Fat-Ernährung sowie Formula-Diäten oder Intervallfasten wählen. »Wir haben in der Literatur sehr gute Effekte für diese Ernährungsformen gefunden«, so Rubin. »Soll keine bestimmte Diät eingesetzt werden, so sind für das Diabetesmanagement mediterrane, vegetarische oder vegane Ernährungsmuster gleichermaßen geeignet«, führt die Ernährungsmedizinerin weiter aus.
Entscheidend sei, dass die Abnehmstrategie zu den Neigungen und Besonderheiten der übergewichtigen Person passt und nachhaltig im Alltag umgesetzt werden kann. Die ärztliche Überwachung der Maßnahmen zur Gewichtsreduktion könne angezeigt sein. Sei keine dieser Ernährungsformen effektiv, so könnten bariatrische Operationen zum Ziel der Diabetesremission und somit Minderung auch von Folgekomplikationen führen.
Zur sogenannten nordischen Ernährung sowie einer Ernährungsumstellung mit Hilfe der DASH-Diät (DASH = Diätetischer Ansatz zum Stopp von Hypertension) oder Paleo-, sprich: Steinzeit-Diät lägen dagegen noch zu wenige Studien vor.
Sicher belegt hingegen sei, dass regelmäßige körperliche Aktivität auch geringer Intensität – etwa zügiges Gehen nach den Mahlzeiten – die Körpergewichtsregulation verbessert. »Schnelles Spazierengehen nach dem Essen hilft definitiv beim Abnehmen«, betont Rubin.
Generell lasse sich festhalten: »Wer unverarbeitete, naturbelassene Lebensmittel zu sich nimmt, liegt richtig.« Darüber hinaus sollten Kohlenhydrate bevorzugt in Form von Vollkornprodukten, stärkearmen Gemüsesorten, Hülsenfrüchten, Nüssen und Hafer verzehrt werden. Süssstoff in üblichen Mengen sei unbedenklich, zuckerarmes Obst besonders im Hinblick auf den Ballaststoffgehalt hilfreich und mäßiger Alkoholkonsum mit einer guten Stoffwechseleinstellung vereinbar.
Insgesamt müsse die Ernährungstherapie stets ziel- und patientengerecht abgestellt werden. Ob in der Sprechstunde, per Mail oder Telefonie: Individualisierte Ernährungsberatung sollte öfter angeboten werden, so Rubin. Eine Ernährungstherapie sei auch per App auf Rezept umsetzbar. »In jedem Fall sollte möglichst früh eine Therapie angeboten werden«, betont die Ärztin.