Neue Enzymersatztherapie im Handel |
Kerstin A. Gräfe |
26.09.2024 07:00 Uhr |
Bei der Blutgerinnungsstörung cTTP bilden sich aufgrund eines Enzymmangels unter anderem Blutgerinnsel in den kleinen Blutgefäßen. / Foto: Getty Images/libre de droit
Die kongenitale thrombotisch‐thrombozytopenische Purpura (cTTP) ist eine sehr seltene, lebensbedrohliche, angeborene Enzymmangelerkrankung des Blutes, die zu einer chronischen Blutgerinnungsstörung führt. Ursache ist eine Mutation im ADAMTS13‐Gen, die einen schweren Mangel des Enzyms ADAMTS13 hervorruft.
ADAMTS13 ist eine Zink-Metalloprotease im Plasma, die die Aktivität des Von-Willebrand-Faktors (VWF) reguliert, indem sie große und ultragroße VWF-Multimere in kleinere Einheiten spaltet und dadurch die Bindungseigenschaften von VWF an Thrombozyten und seine Neigung zur Bildung von Mikrothromben reduziert. Fehlt das Enzym, häufen sich sehr große VWF‐Multimere an und es kommt zu unkontrollierter Plättchenaggregation. In der Folge bilden sich Gerinnsel in den kleinen Blutgefäßen mit mikroangiopathischer hämolytischer Anämie und niedrigen Thrombozytenwerten (Thrombozytopenie).
Die derzeitige Behandlung erfolgt durch regelmäßige Plasmainfusionen, um den ADAMTS13-Mangel zu kompensieren. Mit der Enzymersatztherapie Adzynma® (500 I.E./1500 I.E. Pulver und Lösungsmittel, Takeda) ist nun eine Alternative auf dem Markt. Enthalten ist rADAMTS13, eine rekombinante Form des körpereigenen Enzyms.
Adzynma ist zugelassen zur Behandlung eines ADAMTS13-Mangels bei Kindern und Erwachsenen mit cTTP. Die Zulassung erfolgte unter außergewöhnlichen Umständen. Das Präparat wird intravenös verabreicht. Für die Prophylaxe sind 40 I.E./kg Körpergewicht einmal alle zwei Wochen empfohlen. Je nach Ansprechen kann aber auch eine wöchentliche Gabe nötig sein. Im Fall einer akuten TTP-Episode wird empfohlen, 40 I.E./kg Körpergewicht an Tag 1, 20 I.E./kg Körpergewicht an Tag 2 und 15 I.E./kg Körpergewicht ab Tag 3 einmal täglich bis zwei Tage nach Abklingen der akuten Episode zu verabreichen.
Unter der Behandlung können allergische Überempfindlichkeitsreaktionen einschließlich anaphylaktischer Reaktionen auftreten. Bei Auftreten solcher Reaktionen ist die Behandlung sofort abzubrechen und eine Therapie einzuleiten. Es besteht das Risiko, dass Patienten Antikörper gegen rADAMTS13 entwickeln, was die Wirksamkeit der Therapie vermindern kann. Bei Verdacht auf Antikörperbildung sollten alternative Behandlungsstrategien in Betracht gezogen werden.
Die Anwendung von Adzynma während der Schwangerschaft darf nur nach sorgfältiger Abwägung des individuellen Nutzens und Risikos vor und während der Behandlung in Betracht gezogen werden. Bei der Entscheidung, ob das Stillen zu unterbrechen oder zu beenden ist oder ob auf die Behandlung verzichtet werden soll, ist auch der Nutzen des Arzneimittels für die Mutter zu berücksichtigen.