Neue Daten zu Vidofludimus-Calcium |
Sven Siebenand |
06.05.2024 09:00 Uhr |
Vidofludimus-Calcium könnte eines Tages eine neue zugelassene Therapieoption bei Multipler Sklerose oder auch bei anderen Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen werden. / Foto: Adobe Stock/New Africa
Vidofludimus-Calcium wird von dem US-amerikanischen Biotechnologieunternehmen Immunic derzeit als orale Therapieoption bei Multipler Sklerose (MS) oder bei anderen chronischen Entzündungs- und Autoimmunerkrankungen entwickelt. Wie das bereits bei MS zugelassene Teriflunomid hemmt auch Vidofludimus-Calcium das Enzym Dihydroorotat-Dehydrogenase (DHODH) in den Mitochondrien und unterbindet so die De-novo-Synthese von Pyrimidin in aktivierten Lymphozyten. Infolgedessen wird die Proliferation der für die Pathogenese der MS bedeutsamen autoreaktiven T- und B-Zellen, die auf die Neusynthese von Pyrimidin angewiesen sind, blockiert.
Zudem aktiviert Vidofludimus-Calcium den Transkriptionsfaktor Nurr1 (Nuclear Receptor Related 1), der mit direkten neuroprotektiven Eigenschaften in Verbindung gebracht wird. Bislang gibt es noch keinen Arzneistoff auf dem Markt, von dem bekannt ist, dass er als selektiver Nurr1-Agonist wirkt. Vidofludimus-Calcium könnte also in dieser Hinsicht ein First-in-Class-Wirkstoff werden.
In einem Peer-Review-Artikel in »Neurology® Neuroimmunology & Neuroinflammation« wurde kürzlich ein Update zur Phase-II-Studie Emphasis publiziert. Da zuvor bereits die beiden täglichen Dosierungen von 30 mg und 45 mg Vidofludimus-Calcium eine vergleichbare Wirkung auf mehrere Endpunkte bei Patienten mit schubförmig remittierender MS (RRMS) gezeigt hatten, hatte man nachträglich noch eine Patientenkohorte aufgenommen, die täglich nur 10 mg erhalten hatte.
Die gepoolten Daten zeigen, dass Vidofludimus-Calcium im Vergleich zu Placebo die Entwicklung neuer CUA-Läsionen (Combine Unique Active Lesions) im MRT bei Tagesdosen von 30 mg und 45 mg bis Woche 24 um 76 beziehungsweise 71 Prozent unterdrückte. In der 10-mg-Gruppe war dagegen kein Effekt gegenüber Placebo erkennbar. Darüber hinaus unterdrückte Vidofludimus-Calcium im Vergleich zu Placebo die Entwicklung von T1-Gadolinium-anreichernden (Gd+) Läsionen bei Tagesdosen von 30 mg und 45 mg bis zu Woche 24 um 78 beziehungsweise 74 Prozent. Auch bei diesem Marker brachten 10 mg täglich keinen wesentlichen Unterschied zu Placebo. Eine Tagesdosis von 30 mg sollte laut den Studienautoren damit als niedrigste wirksame Tagesdosis festgelegt werden. Ferner zeigen die gepoolten Daten, dass Vidofludimus-Calcium im Allgemeinen gut vertragen wurde und sein Sicherheitsprofil mit dem der Placebogruppe vergleichbar war.
Bis zur Zulassung des Wirkstoffs ist es noch ein weiter Weg durch Phase-III-Studien. Diese laufen bei RRMS (Ensure-Studien). Bei progredienter MS (PPMS und SPMS) wird Vidofludimus-Calcium aktuell in der Phase-II-Studie Calliper untersucht. Ebenfalls in Phase II befindet sich die Testung in der Indikation moderate bis schwere Colitis ulcerosa.