Neue Augentropfen, um Kurzsichtigkeit zu verlangsamen |
Daniela Hüttemann |
04.08.2025 15:36 Uhr |
Eine erste Sehanalyse in der Augenarztpraxis sollte zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr erfolgen, spätestens vor der Einschulung. Tragen beide Eltern eine Brille, sollte die Untersuchung lieber früher als später erfolgen. / © Adobe Stock/Myron Standret
Die Inzidenz von Kurzsichtigkeit (Myopie) nimmt bei Kindern weltweit zu, was laut Expertenmeinung mit steigender Bildschirmzeit und weniger Zeit im Freien zu tun hat. Kurzsichtigkeit lässt sich nicht heilen oder in ihrem Fortschreiten ganz stoppen. Augentropfen mit niedrig dosiertem Atropin können jedoch die Progression verlangsamen und so dafür sorgen, dass weniger Dioptrien am Ende herauskommen. Eine hohe Kurzsichtigkeit erhöht das Risiko für Netzhautablösung sowie Grauen und Grünen Star.
Solche Augentropfen haben nun erstmals in der Europäischen Union eine Zulassung bekommen, nachdem bislang nur eine Behandlung mit individuell hergestellten Rezepturarzneimitteln möglich war. Deutschland ist das erste Land, in dem Hersteller Santen Pharmaceutical sein Präparat nun eingeführt hat.
Ryjunea wird einmal täglich abends angewendet. / © Santen Pharmaceuticals
Die Zulassung des Präparats Ryjunea basiert auf den Ergebnissen der Phase-III-Studie STAR. Daran nahmen 847 Kinder aus Europa und den USA, vor allem Mädchen, im Alter von 3 bis 14 Jahren teil. Das Durchschnittsalter lag bei etwa 10,4 Jahren. Bei ihnen war bereits eine Kurzsichtigkeit von minus 0,50 bis minus 6,00 Dioptrien festgestellt worden mit einer jährlichen Progressionsrate von 0,5 Dioptrien oder mehr.
Sie erhielten über bis zu 48 Monate vor dem Zubettgehen eine Dosis in beide Augen: entweder 0,01 Prozent Atropin, 0,03 Prozent Atropin oder die wirkstofffreie Trägerlösung. Anfangs alle drei und dann alle sechs Monate wurde die Sehstärke überprüft.
Während sich die Sehfähigkeit bei Anwendung des reinen Vehikels im Schnitt um 2,70 Dioptrien verschlechterte, waren es minus 2,50 Dioptrien mit 0,01 Prozent Atropin und minus 2,44 Dioptrien mit 0,03 Prozent Atropin. Häufigste Nebenwirkungen waren Lichtempfindlichkeit, Irritationen am Auge und verschwommenes Sehen.
Zugelassen wurde nun die 0,01-prozentige Version. Sie enthält Atropinsulfat 0,1 mg/ml. Wie genau das Anticholinergikum das Wachstum des Augapfels beeinflusst, ist nicht bekannt. Vermutlich ist es in ein Remodelling und eine Stärkung der Sklera involviert.
Das neue niedrig dosierte Medikament gilt als sogenanntes Hybrid-Arzneimittel von Atropin-POS, das bereits seit April 2005 in der EU zugelassen ist. Es unterscheidet sich in Dosierung und Indikation. Eingesetzt werden darf Ryjunea bei Kindern im Alter von 3 bis 14 Jahren mit einer Ausgangs-Kurzsichtigkeit von minus 0,5 bis minus 6,0 Dioptrien und einer bisherigen Progression von mindestens 0,5 Dioptrien pro Jahr. Die Behandlung sollte nur von einem Augenarzt beziehungsweise einer Augenärztin begonnen werden. Das Medikament wird einmal täglich abends verabreicht.