Nervenzellen tragen jetzt Perlen |
Jennifer Evans |
10.02.2025 07:00 Uhr |
Neues Neuronen-Design: Axone besitzen laut einer Studie eine Perlenstruktur. Die Beobachtung sorgt für Wirbel in der Fachwelt. / © Adobe Stock/Matthieu
In wissenschaftlichen Büchern sind Neuronen immer gleich darstellt. Und zwar als amöbenartige Zellkörper, mit einem langen röhrenförmigen Strang, dem Axon. Dieses leitet die elektrischen Signale an Nerven- oder Muskelzellen weiter. Bislang dachte man, dass Axone glatt und zylindrisch sind. Doch eine Studie, über die das Fachjournal Science berichtet, stellt diese Vorstellung infrage.
Der Hauptautor Shigeki Watanabe, ein molekularer Neurowissenschaftler an der John Hopkins University, geht nämlich davon aus, dass die natürliche Form eines Axons eher einer Perlenkette gleicht. Und diese Perlen noch dazu als Steuerelemente dienen, wie schnell und präzise die Zelle ihre Signale übermittelt. Er ist überzeugt davon, dass angesichts dieser Erkenntnis die Zeichnungen in Büchern und Fachbeiträgen alle neu gestaltet werden müssen.
Watanabe hatte diese Entdeckung bei den Neuronen von Mäusen gemacht. Doch nicht alle Fachkollegen teilen seine Ansicht und verweisen etwa auf störende Effekte, die durch Präparations- und Einfriermethoden entstanden, wenn Zellen vor einer Bildgebung konserviert werden.
Andere Experten argumentieren mit früheren Beobachtungen, die zeigten, dass Axone sich bei Stress oder Krankheit zu Wülsten zusammenziehen können. Darüber hinaus könne es sich auch um normale Ausbeulungen handeln, die auftauchten, wenn sich um den Zellkern »ein Stau« bilde, oder die Perlenstruktur sei einfach Ausdruck von Zellschädigung, so die Kritik.
Watanabes Team fand jedoch entlang der Mäuseaxone gleichmäßig angeordnete Perlen mit einem Durchmesser von etwa 200 Nanometern. Die Klümpchen waren demnach kleiner und gleichmäßiger verteilt als die sogenannten Stressbälle.
Aber um sicher zu sein, dass die Perlenform der normale Zustand von Axonen ist, sind wohl noch weitere Forschungen nötig. Vor allem aber stellt sich die Frage, ob die Perlen unsere Denkprozesse beeinflussen. Denn Watanabe stellte ebenfalls fest: Die Signalweitergabe geschah langsamer, wenn die Perlen kleiner und enger beieinander lagen und war entsprechend schneller bei größeren Abständen zwischen den Perlen.