Nebenwirkungen bei Frauen oft stärker |
Genderabhängige Unterschiede in der Pharmakokinetik und -dynamik gibt es also einige, doch nicht für jedes Arzneimittel lässt sich daraus auch eine klinische Relevanz ableiten. Möglicherweise beeinflussen das Körpergewicht und der Anteil an Muskel- oder Fettgewebe sowie weitere Faktoren wie etwa der Raucherstatus und eine Nieren- oder Leberinsuffizienz die Medikamentenwirkung stärker als das Geschlecht. In Einzelfällen kann es dennoch wichtig sein, geschlechtsspezifische Dosierungen vorzuschreiben.
Ein Beispiel hierfür ist Zolpidem: Frauen, die Zolpidem über das Cytochrom-P450-System der Leber langsamer abbauen, sind stärker von Nebenwirkungen betroffen und es können am Morgen nach der Einnahme noch relevante Blutspiegel bestehen. In Statistiken zeigt sich, dass Patientinnen unter Zolpidem vermehrt Autounfälle in den Morgenstunden verursachten. Daraufhin halbierte die FDA die bislang empfohlene Dosis für Frauen.
Für Minoxidil gegen Haarausfall, Follitropin zur Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen oder Metreleptin gegen Lipodystrophien gibt es ebenfalls geschlechtsspezifische Dosierungen. Manche Medikamente sind sogar nur für ein Geschlecht zugelassen. Das ist zum Beispiel bei dem Osteoporose-Mittel Romosozumab der Fall, das für postmenopausale Frauen indiziert ist.
In den meisten Fällen fehlen jedoch in den Produktinformationstexten genderspezifische Dosierungen. Dann kann es naheliegend erscheinen, Dosierungen an das Gewicht von Frauen anzupassen. Dies schützt aber nicht unbedingt vor stärkeren Nebenwirkungen, wenn zum Beispiel eine unterschiedliche Enzymaktivität für die bei Frauen höheren Arzneistoffspiegel verantwortlich ist. Alternativ können Ärzte Frauen zunächst niedrigere Dosen verschreiben und diese dann schrittweise steigern, bis das Medikament wie beabsichtigt wirkt, ohne übermäßige Nebenwirkungen zu verursachen.