Nächtliches Licht als Risikofaktor |
Laura Rudolph |
18.07.2024 15:30 Uhr |
Dringt viel Licht ins Schlafzimmer, könnte dies das Risiko für Typ-2-Diabetes ähnlich stark erhöhen wie eine genetische Veranlagung. / Foto: Adobe Stock/Syda Productions
Licht ist ein wichtiger Taktgeber für die innere biologische Uhr, die zahlreiche physiologische Prozesse im 24-Stunden-Rhythmus steuert. Dazu zählen beispielsweise der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Funktion des Immunsystems sowie die Freisetzung von Hormonen wie Cortisol und Insulin. Die Exposition von Licht in der Nacht und in den frühen Morgenstunden kann den zirkadianen Rhythmus jedoch stören. Dass dies das Risiko für Typ-2-Diabetes (T2D) erhöhen könnte, zeigt nun eine aktuelle Studie im Fachjournal »The Lancet«. Im Umkehrschluss könnte eine verringerte Nachtlichtexposition das Diabetesrisiko senken.
Ein Forschungsteam um Daniel Windred von der Monash Universität in Melbourne, Australien, analysierte die Beziehung zwischen nächtlicher Lichtexposition und T2D-Neuerkrankungen bei einer Subkohorte von 84.790 Teilnehmenden der Langzeitstudie »UK Biobank«. Diese waren zwischen 40 und 69 Jahre alt (Durchschnittsalter: 62,3 Jahre) und trugen eine Woche lang ununterbrochen ein Handgelenks-Device mit Lichtsensor. Das Forschungsteam wertete die aufgezeichneten Daten aus und überprüfte, wer in der durchschnittlich acht Jahre andauernden Nachbeobachtungszeit an T2D erkrankte. Dabei berücksichtigte es Störfaktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, sozioökonomische Faktoren, Lebensstil und genetische Veranlagung.
In der untersuchten Kohorte traten insgesamt 1997 neue Diabetesfälle auf. Bei der statistischen Auswertung dienten die 50 Prozent der Teilnehmenden als Referenz, die der geringsten nächtlichen Helligkeit ausgesetzt waren (0. bis 50. Perzentil). Personen mit einer mittleren nächtlichen Lichtexposition (50. bis 70. Perzentil) hatten ein um 29 Prozent höheres Diabetesrisiko als die Referenzgruppe. Personen, die in den 70. bis 90. Perzentilen der nächtlichen Helligkeit lagen, hatten ein um 39 Prozent erhöhtes Risiko. Die 10 Prozent der Studienteilnehmer, die der größten nächtlichen Lichtexposition ausgesetzt waren (90. bis 100. Perzentil), hatten ein um 53 Prozent erhöhtes Erkrankungsrisiko im Vergleich zur Referenzgruppe.
Darüber hinaus zeigte sich, dass Menschen mit einer geringeren zirkadianen Amplitude, die Schwankungen im Tagesrhythmus beschreibt, ein um 7 Prozent höheres Risiko pro Standardabweichung hatten. Auch ein abweichender zirkadianer Rhythmus, der entweder nach vorne oder nach hinten verschoben war, erhöhte das Diabetesrisiko um 6 bis 26 Prozent.
Die Forschenden ermittelten, dass sowohl die nächtliche Lichtexposition als auch die genetische Veranlagung eigenständig einen ähnlich großen Beitrag zum Diabetesrisiko leisten: Der Unterschied im Risiko zwischen Menschen mit hellen und dunklen Nächten war ähnlich groß wie der Unterschied zwischen Menschen mit geringem und moderatem genetischen Risiko für Diabetes. Im Umkehrschluss könnte eine effektive Verdunklung des Schlafraumes eine einfache Maßnahme darstellen, um auch bei Menschen mit genetischer Prädisposition das Diabetesrisiko zu senken.