Mutierte Mpox-Variante verbreitet sich im Kongo |
Christina Hohmann-Jeddi |
27.06.2024 16:18 Uhr |
Eine neue Variante des Monkeypox-Virus sorgt bei Experten für Besorgnis. / Foto: Adobe Stock/dottedyeti
An der Grenze der Demokratischen Republik Kongo (DRK) zu Ruanda und Burundi wurde ein neuer Stamm von Mpox-Viren (früher als Affenpockenviren bekannt) identifiziert. Diese neue Variante scheint in verschiedener Hinsicht gefährlicher zu sein als bisherige Formen, da sie sich leichter verbreitet und zu schwereren Erkrankungen und Todesfällen bei Kindern und Erwachsenen sowie zu Fehlgeburten führen kann.
Davon berichteten John Claude Udahemuka von der Universität Ruanda und Professor Dr. Trudie Lang, Direktorin des Global Health Network der Universität Oxford, die beide dem Team angehören, das den neuen Virusstamm entdeckte, bei einer Pressekonferenz des britischen »Science Media Centre«. Der Ausbruch betreffe eine vulnerable, schwer zugängliche Grenzregion, weite sich dort aus und könnte sich auch über die Grenzen ausbreiten, warnen die beiden Experten.
Auslöser von Mpox ist das Monkeypox-Virus (MPXV) aus der Gattung Orthopoxvirus, das von infizierten Tieren auf Menschen, aber auch von Mensch zu Mensch übertragen wird. Das behüllte DNA-Virus ist eng verwandt mit den klassischen Pockenviren (Variola-Virus) und Kuhpockenviren. Es kommt in zwei genetisch unterschiedlichen Kladen vor, die sich hinsichtlich ihrer Pathogenität unterscheiden, wobei die Klade I als pathogener gilt und eine höhere Mortalität hat als Klade II. Für den weltweiten Mpox-Ausbruch im Jahr 2022, der auch Deutschland betraf, waren Viren der Klade II verantwortlich.
Der neue Stamm ist eine Variante der Klade I und wird inzwischen auch als Klade Ib bezeichnet. Aufgefallen war das Virus, weil sich bei einem Ausbruch in Süd-Kivu schwere Erkrankungsbilder häuften und die Übertragungsweise verändert hatte (zunehmend sexuell), berichtet Udahemuka. Auch PCR-Tests auf das Virus fielen trotz eindeutiger Symptomatik negativ aus. Der Grund hierfür war eine Mutation in der Region, die für die DNA-Amplifikation in der PCR-Untersuchung benötigt wird.
»Die Symptomatik war länger anhaltend und schwerer als bisher«, sagte Lang. Ganzkörperausschläge seien typisch. Die Mortalität bei dem neuen Stamm werde auf 5 Prozent bei Erwachsenen und 10 Prozent bei Kindern geschätzt. Zudem seien zunehmend Fehlgeburten und Infektionen des Kindes während der Schwangerschaft zu beobachten.
Laut Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden im Jahr 2024 bis zum 26. Mai insgesamt 7851 Mpox-Fälle in der DRK gemeldet, darunter 384 Todesfälle (Sterblichkeitsrate von 4,9 Prozent). Kinder sind die am stärksten betroffene Gruppe: Kinder unter fünf Jahren machen 39 Prozent aller Erkrankungen und 62 Prozent aller Todesfälle aus. 70 Prozent der Fälle seien bei Personen unter 15 Jahren gemeldet worden.
In ihrem Situationsbericht vom 14. Juni konstatiert die WHO, dass sich das Mpox-Cluster in Süd-Kivu, das zunächst in der Gesundheitszone Kamituga entdeckt wurde und auf eine Übertragung durch sexuelle Kontakte zurückzuführen ist, geografisch ausgeweitet hat. Die von den Fällen gemeldete Art des Kontakts umfasst sexuellen Kontakt, nicht-sexuellen direkten Kontakt sowie den Kontakt in Haushalten und Gesundheitseinrichtungen und Schulen. Seit Beginn des Ausbruchs wurden in der Provinz keine Fälle mit Verdacht auf zoonotische Übertragung gemeldet.
Lang zufolge zeigten die gemeldeten Erkrankungen nur die Spitze des Eisbergs, die Zahl an asymptomatischen Erkrankungen und damit die Verbreitung des Virus sei nicht abzuschätzen. Von einer Ausweitung des Ausbruchs über die Grenzen der Nachbarländer hinweg sei auszugehen. Man müsse jetzt schnell handeln, um den Ausbruch in der Region einzudämmen.
Die Bevölkerung in dieser Region habe in großen Teilen keinen Impfschutz, da die Pockenimpfungen, die auch gegen Mpox schützen, in den 1980er-Jahren eingestellt worden waren. Pockenimpfstoff sei in dieser Region derzeit nicht verfügbar und nicht zugelassen, sagte Udahemuka. Die Regierungen von der DRK und von Ruanda arbeiteten aber an dessen Beschaffung. Medizinisches Personal und Sexarbeiter sollten vorrangig geimpft werden, um den Ausbruch einzudämmen.
In der Europäischen Union ist der Pockenimpfstoff Imvanex® von Bavarian Nordic seit Juli 2023 auch gegen Mpox zugelassen. Wie gut der Impfstoff gegen den neuen Stamm schütze, sei noch nicht bekannt und müsse erst in klinischen Studien untersucht werden, sagte Lang. Derzeit werde diskutiert, ob eine Wirksamkeitsstudie in Süd-Kivu machbar sei. Experten gingen aber von einer Wirksamkeit des Pockenimpfstoffs auch gegen den neuen Stamm aus; gegen Clade-II-Viren sei seine Wirksamkeit nachgewiesen.