Musik machen hält im Alter geistig fit |
Annette Rößler |
02.02.2024 11:30 Uhr |
Ein Musikinstrument zu spielen, insbesondere Klavier, war in einer Studie bei älteren Menschen mit einem besseren Abschneiden in kognitiven Tests assoziiert. / Foto: Getty Images/Huizeng Hu
Ein Musikinstrument zu spielen, birgt viele Herausforderungen: Man muss die Noten lesen können, ein Verständnis von Melodie und Rhythmus entwickeln, sich selbst genau zuhören, um gegebenenfalls Intonation, Dynamik und/oder Artikulation anzupassen und – nicht zuletzt – die Bewegungsabläufe, die für die Tonerzeugung auf dem jeweiligen Instrument notwendig sind, perfektionieren. Üben könnte also etwas flapsig ausgedrückt auch als Gehirnjogging mit Lauterzeugung bezeichnet werden. Dabei werde der größte Nutzen für die Kognition erreicht, wenn man als Kind lernt, Musik zu machen, und dies dann bis ins hohe Alter tut, heißt es in einer kürzlich erschienenen Arbeit im Fachjournal »Geriatric Psychiatry«.
Das Autorenteam um Gaia Vetere von der University of Exeter in Großbritannien konzentrierte sich in der aktuellen Studie auf die ältere Bevölkerung. Unter den Teilnehmenden des PROTECT-Projekts, eine Kohortenstudie, mit der Risikofaktoren für Demenz identifiziert werden sollen, wurden 1570 Freiwillige ohne Demenz-Diagnose rekrutiert, von denen schließlich 1107 in die Auswertung einbezogen wurden. Das Durchschnittsalter betrug 68 Jahre und 83 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen.
Die musikalischen Erfahrungen der Probanden wurden mithilfe des Edinburgh Lifetime Musical Experience Questionnaire (ELMEQ) abgefragt, der die vier Kategorien »Spielen eines Instruments«, »Singen«, »Musik hören« und »musikalische Fähigkeiten« abfragt. Zur letzten Kategorie zählen Fragen wie »Wie leicht fällt es Ihnen, bei einem Musikstück im Rhythmus mitzuklatschen?« oder »Wie leicht fällt es Ihnen, eine Melodie richtig nachzusingen?«. Die kognitiven Fähigkeiten der Teilnehmenden wurden mithilfe von drei validierten Tests ermittelt, die Arbeitsgedächtnis und Exekutivfunktionen abprüfen.
Die Auswertung ergab einen deutlichen Zusammenhang zwischen Musikalität und Kognition. Besonders vorteilhaft schien das Spielen eines Musikinstruments zu sein: Teilnehmende, auf die das zutraf, punkteten sowohl in den Tests des Arbeitsgedächtnisses als auch der Exekutivfunktionen signifikant mehr als solche, die kein Instrument beherrschten. Heruntergebrochen auf einzelne Instrumente beziehungsweise Instrumentengattungen tat sich das Klavier dabei als bestes Instrument hervor, gefolgt von den Blech- und den Holzblasinstrumenten. Auch regelmäßig zu singen, ging mit einem signifikant besseren Abschneiden in puncto Exekutivfunktionen einher und gute allgemeine musikalische Fähigkeiten mit einem besseren Arbeitsgedächtnis. Kein Unterschied zu den Unmusikalischen fand sich dagegen bei denjenigen, die Musik »nur« viel hörten, ohne dabei selbst aktiv zu sein.
»Unsere Ergebnisse bestätigen, dass es die kognitive Reserve stärken könnte, wenn Menschen ihr Leben lang musikalisch aktiv sind«, fassen die Autoren zusammen. Musik zu machen könne sich somit schützend auf die Gehirngesundheit von älteren Menschen auswirken.
Ob die Ergebnisse dieser Studie repräsentativ sind, kann allerdings bezweifelt werden. Denn unmusikalische Personen waren unter den Teilnehmenden klar in der Minderheit: 89 Prozent gaben an, dass sie in ihrem Leben ein Instrument erlernt hatten und 44 Prozent spielten es nach wie vor aktiv. So hoch dürfte der Anteil an aktiven Musikern in der Allgemeinbevölkerung definitiv nicht sein. Der Grund für diese Schieflage ist wahrscheinlich, dass die Fragestellung der Studie vor allem Menschen angesprochen haben dürfte, die sich ohnehin für Musik interessieren. All denjenigen, die gerne Musik machen und in dem Ergebnis eine Bestätigung der positiven Gesundheitswirkung ihres Hobbys sehen, wird das allerdings den Spaß bestimmt nicht verderben.