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Vorlieben & Gesellschaft
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Musik als Spiegel emotionaler Zustände

In aktuelleren Pop-Songs kommen laut einer Studie mehr stressbezogene Wörter vor als früher. Eine Ausnahme bilden große Krisenzeiten wie die Corona-Pandemie – dann hören viele Menschen doch lieber positive Musik.
AutorKontaktJennifer Evans
Datum 17.12.2025  09:00 Uhr

In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat sich der Sound der Charts deutlich gewandelt – nicht nur musikalisch, sondern auch sprachlich. Beliebte Pop-Hits sind im Laufe der Zeit nämlich nicht nur einfacher, sondern auch spürbar negativer geworden. Sie enthalten heute mehr Begriffe rund um Stress, Schmerz und Bedrohung. Zu diesem Ergebnis kommen österreichische Forschende. Für ihre Studie, die im Fachjournal »Scientific Reports« erschienen ist, werteten sie mehr als 20.000 Songtexte aus den Billboard Hot 100-Charts zwischen 1973 und 2023 aus.

Insbesondere in den vergangenen fünf Jahren beobachtete das Autorenteam einen signifikanten Anstieg stressbezogener Sprache und negativer Begriffe. Diese Entwicklung stehe im Einklang mit steigenden Raten von Depressionen, Angstzuständen und Stress in der Gesellschaft, heißt es in der Studie. Gleichzeitig spiegelten die Ergebnisse ähnliche Trends zunehmender Negativität in Nachrichtenmedien und in der Belletristik wider.

Verbindung zu belastenden Ereignissen 

Die Frage nach den veränderten Vorlieben der Hörerinnen und Hörer bleibt dennoch offen. Weder das mittlere Haushaltseinkommen noch andere einfache sozioökonomische Faktoren scheinen dabei eine Rolle zu spielen. Stattdessen stehen die Veränderungen offenbar im Zusammenhang mit großen belastenden Ereignissen – etwa den Terroranschlägen vom 11. September 2001 oder dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie. In solchen Zeiten sind Songtexte wieder etwas komplexer und positiver geworden und enthielten weniger stressbezogene Wörter wie beispielsweise »Migräne«, »Bedrohung« oder »nervös«.

Die Autoren vermuten, dass Menschen in extremen Situationen gezielt Musik mit weniger belastenden und positiveren Texten bevorzugen, um ihre Stimmung oder ihren emotionalen Zustand zu regulieren. Die Rede ist dabei auch von einer Form der Realitätsflucht. Nicht zuletzt verweisen sie auf die mögliche Rolle von Musik bei der Reflexion kollektiver emotionaler Zustände.

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