| Theo Dingermann |
| 10.12.2025 15:30 Uhr |
In Frankreich hatten 18- bis 59-Jährige, die mit Comirnaty oder Spikevax geimpft wurden, eine niedrigere Gesamtmortalität als Ungeimpfte. / © Adobe Stock/Ralf
In einer landesweiten französischen Kohortenstudie untersuchten Forschende Daten von insgesamt 28,7 Millionen Menschen, von denen 22,7 Millionen mit einem mRNA-Impfstoff zum Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen geimpft waren, und 5,9 Millionen ungeimpft waren. Die Daten stammten aus der nahezu vollständigen Abdeckung des französischen National Health Data Systems (SNDS), das Krankenversicherungsdaten, Krankenhausdiagnosen, Impfregister sowie Sterberegister umfasst.
Die Ergebnisse dieser Arbeit publizierte das Team um Dr. Laura Semenzato von der EPI-PHARE Scientific Interest Group in Epidemiology of Health Products der French National Agency for the Safety of Medicines and Health Products and der French National Health Insurance in Saint Denis, Frankreich, nun auf der Wissenschaftsplattform »JAMA Network Open«.
In die Studie waren Personen im Alter zwischen 18 und 59 Jahre eingeschlossen, die entweder im Zeitraum Mai bis Oktober 2021, also in der Phase der Pandemie, in der in Frankreich breitflächig geimpft wurde, einen der beiden mRNA-Impfstoffe Comirnaty® (BNT162b2) von Biontech/Pfizer oder Spikevax® (mRNA-1273) von Moderna erhalten hatten, oder die ungeimpft waren. Die Ungeimpften erhielten künstlich ein Indexdatum, dessen Verteilung derjenigen der Geimpften entsprach. Diese Personen wurden dann über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren beobachtet.
Um den »Immortal-Time-Bias«, die sogenannte Unsterblichkeitszeitverzerrung, zu vermeiden, begann der Follow-up erst sechs Monate nach dem Indexdatum. Eine solche Unsterblichkeitszeitverzerrung tritt in Kohortenstudien dann auf, wenn es einen Zeitraum gibt, in dem die Teilnehmer das interessierende Ergebnis nicht erleben können. Dies geschieht in der Regel, wenn Forschende die Teilnehmer auf der Grundlage von Informationen, die erst nach Beginn der Studie verfügbar sind, Behandlungs- oder Expositionsgruppen zuordnen.
Die Sterbefälle wurden danach über einen Median von 45 Monaten erfasst. Dabei zeigte sich zunächst, dass Geimpfte sich von Ungeimpften unter anderem durch ein geringeres Maß an sozialer Vereinsamung, ein höheres Alter und etwas höhere Raten bestimmter Komorbiditäten unterschieden. Diese Unterschiede wurden dann aber in der Auswertung der Analyse durch statistische Verfahren eliminiert.
Während des Follow-ups traten 98.429 Todesfälle (0,4 Prozent) in der Stichprobe der Geimpften und 32.662 (0,6 Prozent) in der Gruppe der Ungeimpften auf. Die gewichteten Modelle ergaben eine um 25 Prozent niedrigere Gesamtmortalität für die Geimpften. Der Schutz vor Covid-19-bedingter Krankenhaussterblichkeit war mit einer Risikoreduktion um 74 Prozent besonders ausgeprägt. Selbst nach Ausschluss Covid-19-bezogener Todesfälle blieb die Risikoreduktion praktisch unverändert.
Durch stratifizierte Analysen ließ sich die Robustheit dieser Ergebnisse über Altersgruppen, Geschlecht, sozioökonomische Faktoren, chronische Erkrankungen und Impfstofftyp hinweg bestätigten. Bemerkenswert ist die stärkere Risikoreduktion in der Kohorte der 18- bis 29-Jährigen, deren Ursache allerdings noch nicht verstanden ist. Eine abnehmende Schutzwirkung über die Zeit war erkennbar, stabilisierte sich jedoch nach etwa 15 Monaten auf einem moderaten Niveau (gewichteter Hazard Ratio circa 0,79).
Die Analyse der Todesursachen bis Ende 2023 zeigt ein konsistentes Muster. Für alle großen ICD-10-Kategorien, darunter Tumoren, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, respiratorische Erkrankungen, externe Ursachen und weitere lag die Mortalität in der geimpften Gruppe durchgängig niedriger. Dies unterstreicht, dass der beobachtete Effekt nicht durch einzelne Todesursachen verzerrt wurde. Die stärkste relative Reduktion zeigte sich erwartungsgemäß bei Covid-19-Todesfällen selbst.
Die Forschenden weisen auf unvermeidbare methodische Einschränkungen hin, darunter potenzielle Fehlklassifikationen durch gefälschte Impfzertifikate, fehlende Todesursachendaten für den letzten Teil des Beobachtungszeitraums sowie mögliche Rest-Störfaktoren durch ungeklärte soziodemografische Unterschiede.
Dennoch sprechen die Größe, die Datenqualität und die umfangreichen Sensitivitätsanalysen gegen einen gelegentlich unterstellten kausalen Zusammenhang zwischen mRNA-Impfungen und erhöhter Langzeitmortalität. Stattdessen liefern die Ergebnisse insgesamt klare Evidenz dafür, dass mRNA-Covid-19-Impfstoffe keine langfristige Erhöhung der Gesamtsterblichkeit verursachen und sogar mit einer niedrigeren Mortalität assoziiert sind. Die Studie stärkt damit die wissenschaftliche Basis zur langfristigen Sicherheit von BNT162b2 und mRNA-1273.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.