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Leitlinie

Mögliche Ursachen für ständige Müdigkeit

Müde ist jeder ab und zu. Wenn die Müdigkeit aber so stark ist, dass sie als »unnormal« oder einschränkend empfunden wird, sollte man sich auf die Ursachensuche machen. Eine Leitlinie erklärt, wie dabei am besten vorzugehen ist.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 15.09.2023  09:00 Uhr

Medizinische Leitlinien beschäftigen sich meistens mit einer bestimmten Erkrankung und beschreiben deren Diagnose und Therapie. In ihrer S3-Leitlinie »Müdigkeit« dreht die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) den Spieß um und geht statt von einer Krankheit von einem Symptom aus – und zwar von einem sehr häufigen. Denn wer ist nicht wenigstens ab und zu müde oder erschöpft?

Gerade erst hat eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag des Beratungsunternehmens Auctority ergeben, dass sich eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung derzeit als erschöpft bezeichnet. In der Altersgruppe zwischen 30 und 40 Jahren sind der Studie zufolge sogar fast drei Viertel der Menschen erschöpft (73 Prozent), wofür vor allem hohe Anforderungen im Beruf, aber auch die Doppelbelastung durch Arbeit und Familie verantwortlich gemacht werden. Bei älteren Menschen werden hauptsächlich gesundheitliche Gründe als Ursache für Erschöpfung angegeben; darüber hinaus tragen laut der Studie unter anderem die allgemeine wirtschaftliche beziehungsweise politische Lage sowie die Informationsflut und die Medien zur Erschöpfung bei.

Verschiedene Aspekte von Müdigkeit

Müdigkeit, für die der Betroffene äußere Gründe ausmachen kann, ist in der DEGAM-Leitlinie aber natürlich nicht gemeint, sondern »primär ungeklärte und unverhältnismäßige Müdigkeit«, deren Ursache »nicht direkt evident ist«. Sie kann verschiedene Qualitäten haben, nämlich emotionale, kognitive, das Verhalten oder den Körper betreffende. Abhängig davon werden zur Beschreibung häufig auch unterschiedliche Formulierungen benutzt wie Unlust/Motivationsmangel, verminderte geistige Leistungsfähigkeit, Leistungsknick oder muskuläre Schwäche/Schlappheit.

Ein möglicher Auslöser chronischer Müdigkeit, der nach der überstandenen SARS-CoV-2-Pandemie derzeit auch medial recht präsent ist, ist Long Covid beziehungsweise das Post-Covid-Syndrom. Als dessen stärkste Ausprägung gilt die Erkrankung myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Erschöpfungssyndrom (ME/CFS), deren Leitsymptom eine Verschlechterung der Symptomatik nach geringfügiger körperlicher und/oder geistiger Anstrengung ist (postexertionelle Malaise, PEM).

Bezüglich Long Covid verweist die DEGAM aufgrund der »ausgesprochen dynamischen Erkenntnislage« auf die entsprechende interdisziplinäre Leitlinie, die regelmäßig aktualisiert wird. Dort ist in der derzeitigen Fassung (Stand: 17. August 2022) zu lesen, dass die Diagnose Long/Post-Covid-Syndrom anhand von drei Kategorien möglich ist, nämlich bei Symptomen, die nach der Akutphase von Covid-19 fortbestehen, bei Symptomen, die nach der Akutphase neu auftreten, »aber als Folge der SARS-CoV-2-Infektion verstanden werden können«, sowie bei einer Verschlechterung einer vorbestehenden Erkrankung infolge einer SARS-CoV-2-Infektion.

Screeningfragen nach Depression und Angst

Steht die Müdigkeit nicht im Zusammenhang mit Covid-19 oder einer anderen durchgemachten Infektion, kommen als Auslöser laut DEGAM vor allem eine Depression oder Angststörung infrage. Mit zwei einfachen Screeningfragen lässt sich der Verdacht auf eine Depression erhärten beziehungsweise entkräften: »Haben Sie sich in den letzten vier Wochen oft niedergeschlagen/schwermütig/hoffnungslos gefühlt?« und »Haben Sie in den letzten vier Wochen wenig Interesse/Freude an Tätigkeiten gehabt?« Bejaht der Patient mindestens eine davon, sollte sich der Arzt nach weiteren möglichen Symptomen einer Depression erkundigen. Anzeichen für eine Angststörung sind laut DEGAM eine nervliche Anspannung, Ängstlichkeit, das Gefühl, aus dem seelischen Gleichgewicht zu sein, Sorgen über vielerlei Dinge sowie Angstattacken, auch hier bezogen auf die zurückliegenden vier Wochen.

Tagesmüdigkeit kann auch eine Folge von gestörtem Nachtschlaf bei obstruktivem Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) sein. Hier können Fragen nach lautem Schnarchen oder Atempausen im Schlaf beziehungsweise unbeabsichtigtem Einschlafen tagsüber in inadäquaten Situationen auf die richtige Spur führen.

Als weitere mögliche Auslöser kommen der Konsum von Alkohol, Cannabis oder Tabak sowie die Einnahme von Medikamenten bestimmter Klassen infrage. Die DEGAM nennt hier neben ZNS-dämpfenden Substanzen wie Benzodiazepinen, Neuroleptika, Antidepressiva und Antihistaminika unter anderem Antihypertensiva, vor allem lipophile Betablocker, und Migränemittel.

Überschätzt: Eisenmangel als mögliche Ursache für Müdigkeit

Insbesondere bei Frauen im gebärfähigen Alter wird als Ursache für Müdigkeit häufig ein Eisenmangel vermutet. Die DEGAM stellt jedoch klar fest: »Ein Zusammenhang von Müdigkeit und (niedrigem) Hämoglobin ist nicht nachweisbar.« Dennoch empfiehlt sie ein Blutbild als Basisuntersuchung, um subakute Anämien oder schweren Eisenmangel feststellen zu können. Generell warnt sie jedoch vor einer »somatischen Fixierung« der Patienten und bezeichnet es als einen häufigen Fehler, dass pathologische Laborwerte vorschnell als ausreichende Erklärung für die Müdigkeit akzeptiert würden.

»Behandelbare schwere körperliche Erkrankungen sind selten und praktisch immer mit Auffälligkeiten in Anamnese und/oder körperlicher Untersuchung verbunden«, heißt es deutlich in der Kurzfassung der Leitlinie. Häufig hat starke Müdigkeit laut der Fachgesellschaft mehr als eine Ursache und es gibt zumindest auch eine psychische Komponente. Daher sei es falsch, zuerst alle körperlichen Ursachen auszuschließen und erst dann psychosoziale Aspekte in Betracht zu ziehen. Stattdessen sei »im gesamten diagnostischen Prozess ein bio-psychosozialer Ansatz« einzuhalten.

Um Patienten mit ungeklärter Müdigkeit und/oder Hinweisen auf relevante psychosoziale Belastungen eine Perspektive zu geben und ihnen zu signalisieren, dass sie ernst genommen werden, empfiehlt die Leitlinie, ihnen feste Folgetermine anzubieten. Eine auf biologische Ursachen fixierte Diagnostik (»Tumorsuche«) führe dagegen zu unnötiger Belastung der Betroffenen und/oder einer Somatisierung der Befindlichkeitsstörung Müdigkeit.

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