Mit welcher Abnehmspritze verliert man mehr Gewicht? |
Daniela Hüttemann |
15.05.2025 15:00 Uhr |
Weiterhin gilt: ohne Lebensstiländerungen geht es nicht, wenn man dauerhaft Gewicht verlieren und dann vor allem auch halten will. Dazu gehören eine gesunde Ernährung und Bewegung. / © Getty Images/udra
Es zeichnete sich bereits in anderen Studien ab, doch nun wurden Daten einer klinischen Phase-IIIb-Studie mit einem direkten Vergleich von Semaglutid und Tirzepatid bei Menschen mit Übergewicht, aber ohne Diabetes veröffentlicht. Die SURMOUNT-5-Studie gehört zum Entwicklungsprogramm der Firma Eli Lilly für Tirzepatid. Beide Medikamente hatten sich zuvor schon in Studien als hochwirksam gegenüber Placebo erwiesen.
In die Auswertung der Head-to-Head-Studie flossen die Daten von 751 Patienten aus den USA und Puerto Rico ein. Sie erhielten jeweils die maximal tolerable Dosierung von Tirzepatid (10 oder 15 mg einmal wöchentlich) oder Semaglutid (1,7 oder 2,4 mg einmal wöchentlich) über 72 Wochen. Das Durchschnittsalter lag bei 44,7 Jahren, das Ausgangsgewicht bei 113 Kilogramm, der Bauchumfang bei 118,3 cm und der Body-Mass-Index bei 39,4 kg/m2. 64,7 Prozent der Teilnehmenden war weiblich und 76,1 Prozent weiß. Im Schnitt bestand die Adipositas bereits 16 Jahre und die Hälfte der Patienten hatte mindestens zwei Adipositas-bezogene Komplikationen.
Primärer Endpunkt war der prozentuale Gewichtsverlust, also wie viel Prozent des Ausgangs-Körpergewichts ein Patient abnahm. Sekundäre Endpunkte waren, wie viele Probanden mindestens 10, 15, 20 oder gar 25 Prozents ihres Ausgangsgewichts verloren sowie eine Reduktion des Bauchumfangs.
Im Schnitt nahm die Tirzepatid-Gruppe um 20,2 Prozent ab, was einem Gewichtsverlust von durchschnittlich 22,8 Kilogramm entspricht. In der Semaglutid-Gruppe lag der durchschnittliche Verlust des Ausgangsgewichts bei 13,7 Prozent (15,0 Kilogramm). Der Unterschied zeigte sich auch am Bauchumfang: Unter Tirzepatid schmolz der Bauchumfang im Schnitt um 18,4 cm, gegenüber 13,0 cm unter Semaglutid.
Das könnte am Wirkprinzip der Arzneistoffe liegen, die beide sogenannte Inkretin-Mimetika sind. Während beide Moleküle als Agonist am Glucacon-like Peptid-Rezeptor-1 (GLP-1) fungieren, ahmt Tirzepatid zusätzlich die Wirkung eines zweiten Inkretins nach, des Glucose-abhängigen insulinotropen Polypeptids (GIP). Daher wird Tirzepatid auch als Twinkretin bezeichnet. Beide Arzneistoffe dämpfen den Appetit deutlich, wobei die Expression von GIP- und GLP-Rezeptoren im Gehirn unterschiedlich ist. Zudem haben Fettzellen (Adipozyten) keine GLP-, aber GIP-Rezeptoren, was unter anderem den verstärkten Effekt von Tirzepatid mit erklären könnte, schreiben die Studienautoren im »New England Journal of Medicine«.
Bei den mit Tirzepatid behandelten Teilnehmenden lag die Wahrscheinlichkeit einer Gewichtsreduktion von mindestens 10, 15, 20 beziehungsweise 25 Prozent um den Faktor 1,3, 1,6, 1,8 beziehungsweise 2,0 höher als bei den mit Semaglutid behandelten Patienten. Fast jeder Fünfte (19,7 Prozent) erreichte mit Tirzepatid sogar einen Gewichtsverlust von mindestens 30 Prozent, was nur auf 6,9 Prozent der Semaglutid-Gruppe zutraf. Frauen nahmen in beiden Gruppen tendenziell mehr ab als Männer.
Zudem besserte sich auch der systolische Blutdruck: Unter Tirzepatid nahm er um 10,2 mmHg ab, unter Semaglutid waren es minus 7,7 mmHg. Das ist vergleichbar, wenn nicht sogar besser als der Effekt eines blutdrucksenkenden Medikaments. Auch der diastolische Blutdruck, HbA1c und Lipidwerte besserten sich.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren in beiden Gruppen gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Verstopfung oder Durchfall, in den meisten Fällen mild bis moderat und traten vor allem zu Therapiebeginn während der Aufdosierung auf. 76,7 Prozent der Tirzepatid-Gruppe und 79,0 Prozent-Gruppe berichteten über mindestens ein solches Symptom.
In der Tirzepatid-Gruppe brachen 6,1 Prozent der Teilnehmenden die Studie vorzeitig aufgrund von Nebenwirkungen ab, gegenüber 8,0 Prozent unter Semaglutid. Reaktionen an der Injektionsstelle traten unter Tirzepatid häufiger auf als unter Semaglutid (8,6 versus 0,3 Prozent). 31 Probanden berichteten über schwere Nebenwirkungen (4,8 Prozent der Tirzepatid-Gruppe versus 3,5 Prozent der Semaglutid-Gruppe). Unter Semaglutid gab es einen Pankreatitis-Fall.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich erwartungsgemäß Tirzepatid im direkten Vergleich mit Semaglutid überlegen gezeigt hat, bei einer ähnlichen Häufigkeit gastrointestinaler Symptome.