| Laura Rudolph |
| 09.06.2023 07:00 Uhr |
Professor Dr. Volker Mosbrugger verdeutlichte, dass für echte Nachhaltigkeit Ökosystem, Wirtschaft und Gesellschaft im Einklang stehen müssen. / Foto: Alois Mueller
»Der Menschheit ging es nie besser und der Natur nie schlechter als heute«, startete Mosbrugger in seinen Vortrag »Wie schaffen wir eine nachhaltige Welt?«. Gemessen am Historical Index of Human Development (HIHD) habe die Lebensqualität der Menschheit von 1870 bis 2015 stetig zugenommen. Das rapide Bevölkerungswachstum von drei auf acht Milliarden Menschen innerhalb von nur knapp 60 Jahren und der gestiegene Wohlstand begründe sich jedoch auf einer Übernutzung von Ressourcen aus der Natur. Diese »Übernutzung des Naturkapitals« führe nicht nur in eine Klima-, sondern auch eine Systemkrise, die das Ökosystem, die Wirtschaft und die Gesellschaft umfasse.
»Wenn alle Menschen weltweit so leben würden wie die Bevölkerung in Deutschland, wäre der globale Earth Overshoot Day bereits Anfang Mai erreicht«, berichtete Mosbrugger. Das bedeutet, dass in den ersten vier Monaten des Jahres bereits alle Ressourcen verbraucht wurden, die die Natur innerhalb eines Jahres hätte reproduzieren können. Demnach wären drei Erden beziehungsweise ein auf ein Drittel reduzierter Ressourcenverbrauch nötig, um den Ressourcenbedarf in Deutschland nachhaltig zu decken.
Wie groß ist die Bedrohung durch die Übernutzung der Natur samt ihren Folgen wie Klimawandel, Rückgang der biologischen Vielfalt inklusive Artensterben oder Auftreten neuer Krankheiten? Theorien liefern verschiedene Modelle, erklärte Mosbrugger. Als realistisch bewertete der Experte die sogenannte Lotka-Volterra-Populationsdynamik, die ein sogenanntes Räuber-Beute-Modell darstellt. Dabei wird die Natur als Beute und der Mensch als Räuber definiert.
Stehen dem Menschen nicht mehr genügend Naturressourcen zur Verfügung, entzieht ihm dies seine Lebensgrundlage. Folglich wird sich die Population verkleinern. »Wenn wir jetzt nicht handeln, würde es demnach bis zum Jahr 2150 eine große Reduktion der Bevölkerungsdichte geben – und damit einhergehend eine gesellschaftliche Systemkrise«, so Mosbrugger. Ohne Nachhaltigkeit würde die Weltbevölkerung dem Modell zufolge bis 2150 wieder auf drei Milliarden sinken.