Minipille ohne Rezept – eine Option für deutsche Apotheken? |
Orale Kontrazeptiva ohne Rezept? Bei rein Gestagen-haltigen Minipillen sind laut WHO keine gynäkologischen Voruntersuchungen nötig. / Foto: Adobe Stock/татьяна марамыгина/EyeEm
Seit Juli 2021 darf in Großbritannien in Apotheken als erstem westlichen Land eine »Antibabypille« ohne Rezept abgegeben werden. Voraussetzung ist eine pharmazeutische Beratung. Das französische Unternehmen HRA Pharma hat dazu Hana® Filmtabletten, welche nur das Gestagen Desogestrel 75 µg enthält, auf den Markt gebracht. Niedrig dosierte rein Gestagen-haltige und damit Estrogen-freie Kontrazeptiva sind auch unter der Bezeichnung »Minipille« bekannt.
Auch für den US-Markt strebt das Unternehmen an, eine rezeptfreie Minipille auf den Markt zu bringen; für Opill® mit 75 µg Norgestrel läuft bei der FDA ein entsprechender Antrag. In den USA fallen bislang wie in Deutschland alle hormonhaltigen Kontrazeptiva unter die Verschreibungspflicht.
»Desogestrel weist bei einem guten Sicherheitsprofil im Vergleich zu Estrogen-haltigen Kontrazeptiva nur wenige Kontraindikationen auf. Und es bietet einen vergleichbaren Schutz zu Kombinationspräparaten. Darüber hinaus bedarf es laut Weltgesundheitsbehörde WHO und etwa der englischen Zulassungsbehörde keiner gynäkologischen Untersuchung vor Beginn der Einnahme reiner Gestagen-haltigen Minipillen«, sagte Larissa Kremer von HRA Pharma bei einer gestrigen Pressekonferenz.
Deshalb sehe das Unternehmen keinen Grund, warum nicht auch in Deutschland und anderen Ländern über eine Entlassung von Desogestrel aus der Verschreibungspflicht nachgedacht werden sollte. Schließlich sei es wichtig, einen barrierefreien Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln zu ermöglichen. Eine aktuelle Studie im European Journal of Contraception & Reproductive Health Care habe etwa ergeben, dass ein erheblicher Teil der Frauen in Deutschland, Italien und Spanien Schwierigkeiten habe, die Verhütungspille zu bekommen.
Doch sind Apothekerinnen und Apotheker in Deutschland überhaupt aufgeschlossen gegenüber einem OTC-Switch einer Minipille? Dazu initiierte HRA Pharma eine Umfrage unter 100 Apotheken in Deutschland. Deren Ergebnisse wurden bei der Pressekonferenz diskutiert. Fast alle befragten Teilnehmer (98 Prozent) waren der Meinung, dass ein einfacher Zugang zu hormonellen Verhütungsmitteln für Frauen in Deutschland wichtig ist.
Nur 66 Prozent der Befragten sehen diesen derzeit als gegeben an. Das Haupthindernis für den einfachen Zugang sah mehr als jeder Zweite in der Beschränkung, orale Verhütungsmittel nur nach Vorlage eines Rezeptes abgeben zu dürfen. 63 Prozent der befragten Apotheker betrachten dies als eine Einschränkung ihrer eigenen Beratungsleistung, weil sie Frauen ohne Rezept nicht helfen können, wenn diesen die Pille ausgegangen ist.
Denn die befragten Apotheker fühlen sich durchaus in der Lage, ihre Kundinnen kompetent zum Thema Verhütung zu beraten. In der Studie gaben 87 Prozent an, sich sehr oder ziemlich souverän dabei zu fühlen, zu in ihrer Apotheke verfügbaren entsprechenden Präparaten zu beraten. Zwei Drittel der befragten Apothekerinnen und Apotheker (67 Prozent) stehen deshalb einem OTC-Switch der Minipille positiv gegenüber.
Als positiver Nebeneffekt hoffen die meisten Teilnehmenden auf weniger Einsatz von Notfallverhütungsmitteln. Vor der rezeptfreien Abgabe wäre es ihnen allerdings wichtig, zusätzliche Schulungen wie etwa beim OTC-Switch der »Pille danach« geschehen zu erhalten, um die eigene Beratungsleistung verbessern zu können.