Metformin fördert Langlebigkeit bei älteren Diabetikerinnen |
Theo Dingermann |
21.05.2025 15:00 Uhr |
Mehr als 90 Jahre ist ein sehr stolzes Alter. In einer Studie erhöhte die Einnahme von Metformin bei älteren Frauen mit Diabetes die Wahrscheinlichkeit, so alt zu werden. / © Adobe Stock/Camerene Pendl/peopleimages.com
Das orale Antidiabetikum Metformin gilt in der Langlebigkeitsforschung als Beispiel eines seriösen Kandidaten, pharmakologisch zur Lebensverlängerung beizutragen. Der Wirkstoff inhibiert mTOR (mammalian Target of Rapamycin), einen zentralen Regulator von Wachstum und zellulärem Stoffwechsel, er aktiviert die AMP-Kinase (AMPK), die unter anderem an der Schaltstelle von Glykolyse und Glykoneogenese fungiert, er reduziert die Konzentration reaktiver Sauerstoffspezies und er ist an der DNA-Reparatur sowie an der Aktivierung des Regulatorgens FOXO3 beteiligt, das manchmal auch als Altersgen bezeichnet wird.
Die klinische Evidenz hinsichtlich eines durch Metformin vermittelten Überlebensvorteils ist allerdings bisher uneinheitlich. Daher sind die Ergebnisse eines Teams um Professor Dr. Aladdin H. Shadyab von der University of California in San Diego, La Jolla, interessant, die aktuell im Fachjournal »The Journal of Gerontology: Medical Sciences« erschienen sind. Die Forschenden untersuchten, ob die Einnahme von Metformin bei älteren Frauen die Wahrscheinlichkeit für eine besondere Langlebigkeit (Überleben bis mindestens 90 Jahre) erhöht. Sie nutzten dazu eine sogenannte Target Trial Emulation, ein Studiendesign, das randomisierte kontrollierte Studien (RCT) mit Beobachtungsdaten nachahmt, um kausale Aussagen unter kontrollierten Bedingungen zu ermöglichen.
Als Datenbasis diente die US-amerikanische Kohortenstudie Women’s Health Initiative (WHI), die bereits seit 1992 läuft und daher über eine außergewöhnlich lange Nachbeobachtungszeit von mehr als 30 Jahren verfügt. Von den ursprünglich 161.808 Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren, die Mitte der 1990er-Jahre in die Studie aufgenommen wurden, sind heute immer noch mehr als 42.000 Teilnehmerinnen im aktuellen Alter von 78 bis 108 Jahren aktiv an der Studie beteiligt.
Für die aktuelle Studie wurden Frauen ausgewählt, die mindestens 60 Jahre alt waren, bei denen zwischen dem Studienbeginn und dem Jahr 3 ein Typ-2-Diabetes neu diagnostiziert worden war, die zuvor keine Antidiabetika eingenommen hatten und die nicht an einer chronischen Nierenerkrankung litten. Die 219 Studienteilnehmerinnen in der Interventionsgruppe erhielten eine Metformin-Monotherapie zur Behandlung ihres Typ-2-Diabetes. Die 219 gematchten Studienteilnehmerinnen in der Vergleichsgruppe erhielten eine Monotherapie mit einem Sulfonylharnstoff-Präparat.
Als Hauptbefund stellten die Forschenden fest, dass Metformin das Risiko eines Todes vor dem 90. Lebensjahr bei den Studienteilnehmerinnen im Vergleich zu den Sulfonylharnstoff-Präparaten um 30 Prozent senkte. Konkret traten in der Interventionsgruppe 3,7 Todesfälle pro 100 Personenjahre und in der Vergleichsgruppe 5,0 Todesfälle pro 100 Personenjahre auf.
Somit deuten die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Metformin im Vergleich zu Sulfonylharnstoffen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine außergewöhnliche Langlebigkeit bei älteren Frauen mit Typ-2-Diabetes assoziiert ist. Allerdings betonen die Autoren auch, dass eine Kausalität aufgrund des nicht randomisierten Designs nicht bestätigt werden kann.
Zudem sind auch andere Limitationen der Studie zu berücksichtigen: Da nur Frauen ab 60 Jahren eingeschlossen wurden, ist eine Generalisierbarkeit auf Männer oder auf jüngere Frauen nicht möglich. Zudem enthält die Studie keine Placebokontrolle. Und eine gewisse Unsicherheit besteht darin, dass die Diabetesdiagnosen auf Selbstauskunft beruhen.
Das alles unterstreicht noch einmal, wie wichtig und lohnenswert es wäre, das gerontoprotektive Potenzial von Metformin in einer randomisierten Langzeitstudie zu analysieren. Die TAME-Studie (Targeting Aging with Metformin) ist eine solche sorgfältig konzipierte klinische Studie, die allerdings wegen einer nach wie vor unzureichenden Finanzierung noch nicht anlaufen konnte.