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Studie mit Mäusen

Metformin bei Schwangeren zurückhaltend einsetzen

Das orale Antidiabetikum Metformin darf auch bei Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes eingesetzt werden. Neue Daten aus einer Studie mit Mäusen unterstreichen aber, dass das Mittel in der Schwangerschaft nicht die erste Wahl sein sollte.
Annette Rößler
30.01.2024  11:30 Uhr

Mit dem Einsatz von Metformin bei schwangeren Frauen war man lange Zeit sehr zurückhaltend, da der Wirkstoff die Plazentaschranke überwindet und die Konsequenzen für das Kind unklar waren. Zudem steht mit Insulin eine erprobte und bewährte Alternative zur Verfügung. Vor zwei Jahren wurde diese Zurückhaltung zumindest teilweise aufgegeben und Metformin-haltige Präparate können seitdem in der EU in allen Phasen der Schwangerschaft gegeben werden. Allerdings taucht Gestationsdiabetes in der Fachinformation nicht bei den Anwendungsgebieten auf; stattdessen findet sich im Abschnitt »Schwangerschaft« der Satz: »Wenn es klinisch notwendig ist, kann die Verwendung von Metformin während der Schwangerschaft […] zusätzlich oder als Alternative zu Insulin in Betracht gezogen werden.«

Nichtsdestotrotz empfiehlt Embryotox.de, die Website des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, weiterhin Insulin als erste Wahl für schwangere Frauen mit Diabetes. Metformin könne in der Schwangerschaft lediglich für übergewichtige Frauen eine Alternative darstellen, heißt es dort.

Andernorts scheint es da weniger Skrupel zu geben: So habe etwa in Großbritannien die Verwendung von Metformin bei Schwangeren in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen; mehr als 85 Prozent der Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes erhielten mittlerweile Metformin anstatt Insulin als Erstlinientherapie. Dies berichten Forschende um Dr. Lídia Cantacorps vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) im Fachjournal »Molecular Metabolism«.

Veränderungen im AMPK-Signalweg

Vor diesem Hintergrund wollte die Gruppe untersuchen, welche Auswirkungen eine Metformin-Gabe in der Schwangerschaft auf die neuronale Entwicklung des Kindes haben könnte, und nutzte hierzu einen Tierversuch. Eingesetzt wurden zwei Mausmodelle, die die Hauptursachen für Schwangerschaftsdiabetes abbilden: starkes Übergewicht der Mutter vor der Schwangerschaft sowie eine übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft. Da bei Mäusebabys die Gehirnentwicklung während der Stillzeit der menschlichen Gehirnentwicklung im dritten Schwangerschaftstrimester entspricht, wurde dieser Zeitraum gewählt, um die Tiere antidiabetisch zu behandeln. Dies geschah entweder mit Metformin, mit Insulin oder mit Placebo.

Es stellte sich heraus, dass die Gabe von Metformin die Entwicklung der Mäusebabys geschlechtsabhängig veränderte – allerdings deutlich weniger als es der metabolische Zustand des Muttertieres tat. Waren die Mäusemütter bereits vor der Schwangerschaft übergewichtig gewesen oder hatten währenddessen stark an Gewicht zugenommen, nahmen ihre Nachkommen stärker zu und wiesen im Vergleich zu den Nachkommen von Tieren mit gesundem Stoffwechsel auch veränderte Hormonspiegel auf. Insulin und Metformin konnten diese Effekte nur teilweise abmildern. Speziell als Reaktion auf eine Metformin-Exposition stellten die Forschenden bei den Mäusebabys Veränderungen im AMPK-Signalweg im Hypothalamus fest, die sich jedoch von weiblichen zu männlichen Tieren unterschieden.

Inwieweit sich die Ergebnisse dieser Tierstudie auf den Menschen übertragen lassen, ist unklar. Metformin hat eine ganze Reihe von Targets und welche davon bei Entwicklungsprozessen des Gehirns und anderer Organe von ungeborenen Kindern eine Rolle spielen, ist noch längst nicht umfassend erforscht. Festzuhalten ist jedoch, dass für die Zulassungserweiterung zum Einsatz des Arzneistoffs bei Schwangeren Forschungsergebnisse vorgelegt wurden, die kein erhöhtes Risiko für angeborene Fehlbildungen, fetale/neonatale Toxizität oder Spätschäden bezüglich der geistigen Entwicklung und dem Körpergewicht des Kindes zeigen.

Gleichwohl bestätigen die Ergebnisse der aktuellen Studie, dass Insulin bei Schwangeren mit Diabetes gegenüber Metformin bevorzugt werden sollte. Übergeordnetes Ziel muss demnach aber vor allem eine gute Stoffwechseleinstellung der werdenden Mutter sein.

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