Metformin bei Antipsychotika gleich dazugeben |
Theo Dingermann |
23.12.2024 14:30 Uhr |
Eine starke Gewichtszunahme ist unter bestimmten Antipsychotika häufig und gefährdet die Therapieadhärenz. Frühzeitig Metformin als Komedikation hinzuzugeben, kann gegensteuern. / © Getty Images/Kseniya Ovchinnikova
Eine Antipsychotika-induzierte Gewichtszunahme (AIWG) ist ein weit verbreitetes und für die Betroffenen sehr belastendes Problem bei der Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen. Zudem trägt die AIWG zu kardiometabolischen Risiken bei und beeinflusst die Lebensqualität sowie die Therapieadhärenz.
Um diesem Problem evidenzbasiert zu begegnen, hat Aoife Carolan von der School of Pharmacy and Biomolecular Science am Royal College of Surgeons in Dublin, Ireland, zusammen mit Kollegen eine neue Leitline zum Einsatz von Metformin zur Vorbeugung einer Gewichtszunahme durch Antipsychotika erarbeitet und diese im Fachblatt »Schizophrenia Bulletin« publiziert. Die Leitlinie wurde nach dem AGREE-II-Framework entwickelt und basiert auf einer Literaturübersicht, der GRADE-Methodologie und einer Konsensusvalidierung. Die Empfehlungen wurden durch die Einbindung von Patienten und externen Experten begutachtet.
Es ist gut etabliert, dass Metformin die Insulinempfindlichkeit verbessert, die Glucoseproduktion in der Leber reduziert und metabolische Marker wie Cholesterol und Triglyceride moduliert. Aus diesen Eigenschaften resultiert, dass Metformin die Kontrolle des Körpergewichts beeinflusst, indem es metabolische Dysregulationen vermindert.
Durch kontrollierte klinische Studien ist belegt, dass die durchschnittliche Gewichtsdifferenz zwischen Patienten, die mit Metformin behandelt werden, und Kontrollpatienten –4,03 kg beträgt. In Kohortenstudien wurde gezeigt, dass durch Einnahme von Metformin eine Gewichtsreduktion von –3,14 kg nach sechs Monaten und –5,38 kg nach zwölf Monaten erreicht werden kann.
Von einer Gewichtszunahme im Rahmen einer antipsychotischen Therapie sind vor allem Patienten betroffen, die mit Olanzapin und Clozapin behandelt werden. Ebenfalls ein erhöhtes Risiko für eine Gewichtszunahme besteht bei Patienten, die Quetiapin und Risperidon erhalten.
Junge, Antipsychotika-naive Patienten sind besonders gefährdet. Proportional gesehen ist die Gewichtszunahme bei Kindern und Jugendliche höher als bei Erwachsenen. Zudem erhöhen vorbestehende Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck die AIWG-Wahrscheinlichkeit.
Die Leitlinienautoren kommen zu dem Schluss, dass eine frühzeitige Komedikation mit Metformin bei Hochrisiko-Antipsychotika dringend angezeigt ist. Eine Begleittherapie mit Metformin sollte ebenfalls begonnen werden, wenn der Patient innerhalb des ersten Behandlungsjahres sein Gewicht um mehr als 3 Prozent gesteigert hat.
Die Therapie sollte einschleichend erfolgen und mit einer Initialdosis von 500 mg Metformin pro Tag beginnen. Danach wird die Dosis wöchentliche um je 500 mg Metformin gesteigert bis eine Erhaltungsdosis von 2 g pro Tag erreicht wurde. Bei schweren Nebenwirkungen sollte die Begleittherapie mit Metformin abgebrochen werden. Dies gilt auch bei einem BMI unter 20 oder nach Absetzen der Antipsychotika.
Die Leitlinienautoren resümieren, dass Metformin nicht nur sicher, kostengünstig und einfach zugänglich ist, sondern dass auch das Potenzial dieses Wirkstoffs zur Prävention von AIWG und zum Schutz vor langfristigen metabolischen Risiken belegt ist. Eine zukünftige Überarbeitung der Leitlinie könnte auch neuere Ansätze wie GLP-1-Rezeptor-Agonisten integrieren.