Mehr Retard- und Kombipräparate nutzen |
Daniela Hüttemann |
19.11.2024 10:30 Uhr |
Kardiovaskuläre Erkrankungen erfordern häufig eine Multimedikation. Für eine hohe Therapietreue sollten möglichst wenig einzelne Tabletten verordnet werden und wann immer möglich Kombinations- und Retardpräparate. / © Getty Images/Cagkan Sayin
Ordnung ist das halbe Leben – erst recht bei der Arzneitherapie, meint Dr. Rolf Daniels, emeritierter Professor für Pharmazeutische Technologie an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Nun müssen Patienten gerade bei kardiovaskulären Erkrankungen häufig sehr viele verschiedene Tabletten nehmen. So startet die Bluthochdrucktherapie mittlerweile mit einer Zweierkombi, bei Herzinsuffizienz sind mittlerweile sogar vier Wirkstoffklassen gleich zu Therapiebeginn angezeigt. Häufig kommen dann noch ein anderer Blutdrucksenker oder ein Statin und ASS hinzu, die Tablettenlast ist entsprechend hoch und die Therapietreue im Keller.
Die Lösung liegt laut Daniels in der Galenik. Möglich ist hier bereits vieles. Mittlerweile führe sogar die WHO sogenannte Polypillen mit bis zu fünf Wirkstoffen auf ihrer Liste essenzieller Medikamente, erklärte der Technologe kürzlich bei der Jahrestagung der Scheele-Gesellschaft (DPhG-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern) in Warnemünde. Der Tübinger hält es für möglich, dass in Zukunft sogar Ärzte Wirkstoffkombinationen mit individueller Dosierung und Abgabekinetik verordnen, die dann per 3-D-Druck als Rezeptur in der Apotheke hergestellt werden.
»Doch nicht aus jedem Wirkstoff lässt sich eine Retardform machen und nicht alles lässt sich kombinieren«, schränkte der Technologe ein. Die Tablette dürfe bei hohen Wirkstoffmengen nicht zu groß werden, damit der Patient sie noch schlucken kann. Die Halbwertszeit sollte zwischen zwei und zehn Stunden liegen. Der Arzneistoff muss gut im Gastro-Intestinal-Trakt, vor allem Dünndarm, resorbierbar sein und eine genügend große therapeutische Breite haben, falls einmal eine Dosis ausgelassen wird oder aber durch einen Fehler ein Dose Dumping der Tablette passiert.
Apotheker sollten Patienten bei Matrixtabletten wie »Metohexal 100 mg retard« darauf hinweisen, dass zwar der Wirkstoff während der Passage durch den Körper freigesetzt wird, man aber das Tablettengerüst, die Matrix, über den Stuhl ausscheidet. Dies könne sonst für Irritationen sorgen.