Mehr junge Frauen mit riskantem Konsum |
Die Psychiaterin Stephanie Krüger, die an zwei Einrichtungen der Berliner Vivantes Kliniken die Abteilung für seelische Gesundheit leitet, meint, dass bei der Entwicklung neben den gesellschaftlichen Änderungen auch andere Faktoren eine Rolle spielten. Viele junge Frauen fühlten sich unter Druck gesetzt, etwa durch Schönheitsideale, die in den sozialen Medien verbreitet würden. «Ich kann mir vorstellen, dass dieser Druck dazu führt, dass man sich Entlastung in Form von Alkohol und Drogen verschafft und im Rausch gerne vergessen möchte, dass man geghostet oder gemobbt wurde.» Ghosting bezeichnet einen plötzlichen Kontaktabbruch.
Bei Frauen nach wie vor sozial weniger akzeptiert, Alkohol zu trinken, sagt Krüger. «Eine in der Öffentlichkeit trinkende Frau, eine rauchende Frau oder eine, die sich völlig enthemmt verhält, wird viel eher stigmatisiert als ein Mann und wird auch heute noch sozial geächtet.» Der Psychiaterin zufolge trinken Frauen deswegen viel öfter heimlich als Männer. Umso wichtiger sei es, bei jungen Frauen besonders gut hinzuschauen: «Es ist ein Alter, in dem sich seelische Erkrankungen häufig das erste Mal manifestieren.» Alkohol könne das begünstigen oder verschlimmern.
Auch wenn der Alkoholkonsum in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten der DHS zufolge insgesamt gesunken ist, trinken die Deutschen im europäischen Vergleich immer noch viel. Das hat Folgen: An einer ausschließlich durch Alkohol bedingten Krankheit starben demnach im Jahr 2020 rund 14.200 Menschen. Jährlich lassen sich laut Alkoholatlas etwa 20 .00 Krebsneuerkrankungen auf Alkoholkonsum zurückführen. Schätzungsweise mehr als 8000 Menschen sterben an einer alkoholbedingten Krebserkrankung.