Mehr internationale Vernetzung im Fall einer Pandemie |
Alexandra Amanatidou |
13.10.2025 17:00 Uhr |
Die Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften sollen es den Mitgliedsstaaten der WHO ermöglichen, auf eine neue Pandemie besser zu reagieren. / © imago images/Xinhua
Die Bundesregierung und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) wollen im Falle einer neuen Pandemie vorbereitet sein und schnell international agieren können. Zu diesem Zweck wurden die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) aktualisiert. Diese sind bereits seit über 20 Jahren ein zentrales Instrument zur grenzüberschreitenden Bekämpfung von Gesundheitsgefahren. Die Änderungen sollen nun in deutsches Recht übernommen werden.
Zu den Veränderungen gehören unter anderem die Einführung des Begriffs »pandemische Notlage«, die Aufnahme der Grundsätze »Gerechtigkeit und Solidarität« sowie die Verpflichtung, die WHO über unklare Ereignisse zu informieren, die die öffentliche Gesundheit betreffen. Ziel ist außerdem, die Staaten bei Gesundheitsschutzmaßnahmen zu unterstützen, auch durch Erleichterung des Zugangs zu maßgeblichen Gesundheitsprodukten. Dazu zählen beispielsweise Arzneimittel, Impfstoffe, Diagnostika, Medizinprodukte, Produkte zur Vektorbekämpfung, persönliche Schutzausrüstung, Dekontaminierungsprodukte, Hilfsprodukte, Antidote, Zell- und Gentherapien sowie sonstige Gesundheitstechnologien.
Die Fragen im Gesundheitsausschuss stellten Sascha van Beek (CDU/CSU), Christina Baum (AfD), Serdar Yüksel (SPD), Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) und Ates Gürpinar (Die Linke).
Für die Union war es wichtig zu wissen, inwieweit diese Veränderungen die nationale Souveränität beeinflussen würden. Der Epidemiologe und Mediziner Till Bärnighausen stellte klar, dass die Änderungen Staaten maßgeblich beeinflussen werden, in denen die nächste Pandemie entstehen wird. Seiner Meinung nach wird dies wahrscheinlich nicht Deutschland sein. »Die WHO hat keine Armee, um die Maßnahmen durchzusetzen. Es geht um die Expertise und die globale Normsetzung.«
Auch Pedro Alejandro Villarreal Lizárraga, der bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) zum globalen Gesundheitsrecht und zur globalen Gesundheitspolitik forscht, bestätigte, dass die WHO keine Vorschriften erlassen könne. »Die Länder werden weiterhin die Entscheidungen treffen und somit die nationale Souveränität behalten.« Sollte ein Staat im Falle einer neuen Pandemie aber gar nicht kooperieren und keine Daten veröffentlichen wollen, dürfe die WHO Daten, die sie bereits zur Verfügung habe und die der Staat von sich aus mitgeteilt habe, an weitere Länder vermitteln. Sie kann einen Staat jedoch nicht dazu zwingen, seine Daten zu veröffentlichen.
Peter Tinnemann, Leiter des Frankfurter Gesundheitsamts, betonte, dass er im Falle eines Notfalls momentan Informationen und Details über inoffizielle Kanäle von anderen Ländern erhalte. »Es wäre wichtig, über offizielle Kanäle auch Fragen stellen zu können«, was mit den Veränderungen im IGV jetzt möglich sein werde. Auch der Austausch von Informationen zwischen den Forschungslaboren werde erleichtert, sagte Michael Müller, Facharzt für Laboratoriumsmedizin und im Vorstand der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM).
Ohne die Veränderungen im Gesetz und ohne eine erweiterte internationale Zusammenarbeit, würden wir »blind vorgehen«, sagte Villarreal Lizárraga. Es helfe, das Wissen global zu verteilen, »sonst sind wir beim Ausbruch einer Pandemie monatelang hinterher«, sagte Bärnighausen.