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Unterschätzter Risikoindikator für Arteriosklerose

Datum 29.07.2002  00:00 Uhr

Arterielle Verschlusskrankheit

Unterschätzter Risikoindikator für Arteriosklerose

von Brigitte M. Gensthaler, Ebersberg

Menschen mit einem reduzierten Blutdruck am Knöchel haben ein deutlich erhöhtes Risiko, früher zu sterben. Das Verhältnis des an Arm und Bein gemessenen Blutdruckes gilt als Indikator für eine Arteriosklerose.

Bei gesunden Menschen ist der Blutdruck am Knöchel höher als der am Oberarm. Dies spiegelt sich im „Ankle-Brachial-Index“ (ABI), dem Quotienten von systolischem Blutdruck am Knöchel und am Arm (dopplersonographisch gemessen). Werte zwischen 1,0 und 1,3 sind normal. Bei einem ABI von 1 besteht Verdacht auf eine arterielle Verschlusskrankheit (AVK), und Werte unter 0,9 zeigen Gefäßstenosen an.

Zu Grunde liegt meist eine Arteriosklerose, die man heute als Systemerkrankung mit unterschiedlichen Manifestationen ansieht. So gehen beispielsweise Herzinfarkt, Schlaganfall und AVK auf deren Konto. Besonders gefährdet für eine AVK sind Männer, ältere Menschen, Raucher sowie Menschen mit Diabetes, Hypertonie, Hypercholesterolämie, Hyperfibrinogenämie und Hyperhomozysteinämie.

Längst nicht alle Betroffenen haben Beschwerden, erklärte Professor Dr. Florentin Spengel, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Angiologie, bei einem Fortbildungsabend zur Invade-Studie. Nur 40 bis 60 Prozent der Patienten mit einem ABI zwischen 0,6 und 0,8 klagen tatsächlich über Symptome einer Claudicatio intermittens, der Schaufensterkrankheit. In Deutschland haben vier bis sechs Millionen Menschen einen reduzierten Knöchel-Arm-Index, schätzt Spengel. Doch „auf einen bekannten Patienten kommen vier, die wir nicht kennen“.

Gefährlich wie Krebs

Das ist tückisch, da symptomlose AVK-Patienten das gleiche Mortalitätsrisiko haben wie Menschen mit Beschwerden. In einer US-Studie hatten alle Patienten mit reduziertem ABI auch eine koronare Herzkrankheit und/oder Stenosen in anderen Gefäßen. Jeder vierte Patient mit AVK im Stadium II stirbt innerhalb von fünf Jahren nach Diagnose. Der Angiologe nannte Vergleichszahlen: An Morbus Hodgkin sterben 18, an Darmkrebs 38 Prozent, an Magenkrebs und AVK Stadium IV jeweils 86 Prozent innerhalb von fünf Jahren. Spengels Fazit: „Eine arterielle Verschlusskrankheit ist so gefährlich wie Krebs.“

Er warnte: „Die AVK wird unterschätzt, aber sie ist ein Indikator für einen global arteriosklerotisch geschädigten Patienten.“ Männliche Patienten haben eine um zehn Jahre verminderte Lebenserwartung; sie sterben hauptsächlich an koronarer Herzkrankheit sowie cerebralen und vaskulären Erkrankungen. Der reduzierte Knöchel-Arm-Druckindex des systolischen Blutdrucks ist für die Gesamtmortalität ein besserer Prädiktor als männliches Geschlecht, Alter, Diabetes, Rauchen und Hypertonie.

Risiko wird selten bemerkt

In der „German epidemiological Trial Ankle-Brachial-Index“, kurz getABI-Studie, die Spengel leitet, werden etwa 6800 Patienten drei Jahre lang beobachtet und die Prävalenz der AVK erfasst. Nach den ersten Daten haben 18 bis 20 Prozent einen reduzierten Druck am Knöchel, doch nur wenige unter ihnen wussten davon. Zu einem ähnlichen Resultat kamen erste Auswertungen der Invade-Studie.

Aus diesem Grund forderte Spengel vor Ärzten und Apothekern in Ebersberg nachdrücklich, bei allen Älteren sowie Menschen mit Gefäßrisiken obligat den peripheren Druck zu messen und Patienten konsequent zu behandeln.

Compliance stärken

Ein wichtiges Teilgebiet des „Interventionsprojekts zu vaskulären Erkrankungen und Demenz im Landkreis Ebersberg“ (Invade) ist die Förderung der Compliance. Wenn Arzt und Apotheker im gleichen Sinne beraten, fördere dies die Therapietreue, berichteten Dr. Ulrich Krötsch und Thomas Benkert vom Vorstand der Bayerischen Landesapothekerkammer.

Das Zusammenwirken der Heilberufler soll aber nicht nur die Patienten motivieren, sondern auch helfen, Daten zur Compliance zu gewinnen, erläuterte Professor Dr. Kurt Ulm vom Institut für Medizinische Statistik und Epidemiologie der TU München. Man hofft zudem, Patienten mit dem höchsten Risiko für Non-Compliance identifizieren zu können.

Beim Invade-Projekt bekommen die eingeschriebenen Patienten einen Gesundheitspass, in dem vaskuläre Erkrankungen, Diabetes, Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen, Übergewicht und Erkrankungen des zentralen Nervensystems aufgenommen sind. Der Arzt trägt Untersuchungsergebnisse und Messwerte ein; der Apotheker dokumentiert die abgegebene Medikation und seine Beratung. Auf diese Weise können beide Heilberufler die Therapie und deren Erfolg verfolgen, um den Patienten langfristig besser zu betreuen.

 

Vier Stadien der AVK Die arterielle Verschlusskrankheit (AVK) entsteht durch Stenosen und Verschlüsse der Aorta und der Extremitäten versorgenden Arterien. Diese sind überwiegend arteriosklerotisch bedingt. Nur bei 5 bis 10 Prozent der Patienten liegen entzündliche, dysgenetische und traumatische Gefäßerkrankungen vor. Man unterscheidet vier Stadien.

  • Stadium I: Beschwerdefreiheit bei objektiv nachgewiesener arterieller Verschlusskrankheit
  • Stadium II: Claudicatio intermittens
  • Stadium III: Ruheschmerz
  • Stadium IV: Nekrose, Gangrän

Das Stadium II wird häufig in ein Stadium IIa (maximale Gehstrecke über 200 m) und ein Stadium IIb (maximale Gehstrecke 200 m) unterteilt. Klinisch relevanter ist eine Unterscheidung nach "Gehstrecke subjektiv zufriedenstellend, geringer Leidensdruck" und "Gehstrecke unbefriedigend, hoher Leidensdruck“. Durch Traumata (Druckstelle, unsachgemäße Fußpflege) oder Begleiterkrankungen wie chronische venöse Insuffizienz können auch im Stadium I und II Nekrosen und Ulcera entstehen; wegen der besseren Prognose werden diese Läsionen von Nekrosen im Stadium IV abgegrenzt und als "kompliziertes Stadium I (oder II)" bezeichnet. Die echten Stadien III und IV (kritische Extremitätenischämie) sind durch einen mindestens zwei Wochen anhaltenden Ruheschmerz sowie Spontannekrosen bei einem systolischen peripheren Arteriendruck unter 50 mm Hg charakterisiert.

Nach Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Angiologie, 2001

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