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Für mehr Schmerzberatung in der Apotheke

19.03.2001  00:00 Uhr

SELBSTHILFEGRUPPEN

Für mehr Schmerzberatung in der Apotheke

von Christiane Berg, Hamburg

Unfall, Rheuma, Migräne, Rückenleiden, Krebs, Beschwerden viszeraler oder neurologischer Genese: In Deutschland leben zurzeit circa acht Millionen Bundesbürger mit chronischen Schmerzen. 20 Prozent leiden an schweren und schwersten Schmerzzuständen, die auch für das familiäre und soziale Umfeld große Belastungen mit sich bringen können. Zur Persönlichkeitsveränderung durch das vielfach unerträgliche Leid, das jährlich zahlreiche Menschen in den Selbstmord treibt, erfährt der Patient oft zusätzlich eine narzistische Kränkung: Er wird zum Simulanten abgestempelt.

"Viele der Betroffenen erleben immer wieder, dass ihre Beschwerden von anderen nicht ernst genommen werden. Regelmäßig hören sie auch von Seiten der Ärzte `Stellen Sie sich nicht so an´ und `Damit müssen Sie eben leben´. Nur wenige sagen dem Patienten jedoch auch wie", kritisiert der Präsident des Bundesverbandes Deutsche Schmerzhilfe e. V., Grünendeich, Rüdiger Fabian.

Paradigmenwechsel gefordert

Nach Fabian zeigen sich im wesentlichen zwei Verhaltensmuster in der Medizin, wenn sich nach ausführlicher Diagnostik das wahre Ausmaß einer unheilbaren Erkrankung oder funktioneller Beschwerden nicht länger leugnen lässt. Die chronisch benigne Erkrankung werde banalisiert, nicht zuletzt weil der sich ständig wiedervorstellende Patient für den Arzt zum personifizierten Vorwurf des eigenen Versagens wird. Die maligne chronische Erkrankung wiederum löse, um zu verdecken, dass die Grenzen des medizinisch Machbaren erreicht sind, die "volle Breitseite des technisch Möglichen" aus.

Fabian: "Das einzige therapeutische Ziel ist nunmehr Zeitgewinn, wobei Lebensumstände und Lebensqualität zweitrangig werden oder gar gänzlich aus dem Blickfeld geraten." Als ein Zeichen von Humanität müsse zunächst das Leiden des Patienten mit allen Mitteln gelindert werden, bevor mit Augenmaß die Ursache in Angriff genommen wird. "Wir fordern einen Paradigmenwechsel: mehr menschliche Zuwendung und eine qualifizierte Schmerztherapie, die als Palliativmedizin und nicht als Symptom-Verschleierung verstanden wird."

Überarbeitung der BtmVV

Der Psychologe verweist auf den Mangel an qualifizierten Schwerpunktpraxen zur Schmerztherapie. Die Situation werde durch deren ungünstige geographische Verteilung und "desolate Zustände" in strukturschwachen Regionen noch verschärft. Die Deutsche Schmerzhilfe als Zusammenschluss von acht Landesverbänden mit heute 5000 Mitgliedern betrachte daher als Kernstück ihrer Arbeit den Nachweis kompetenter Schmerztherapeuten möglichst in Wohnortnähe der Betroffenen. Weiterer Dreh- und Angelpunkt der Tätigkeit der Deutschen Schmerzhilfe (Sietwende 20, 21720 Grünendeich, Tel.: 0 41 42/81 04 34) sei die Etablierung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen, die menschliche Begegnung und das Aufbrechen aus oft jahrelanger Isolation ermöglichen.

Neben der Herausgabe der Zeitschrift "Die Schmerzhilfe" zählt zu den Aktivitäten des Verbandes die Fort- und Weiterbildung nicht nur von Ärzten oder Psychologen, sondern auch von Apothekern: 4500 haben während der letzten drei Jahre durch Fortbildung mit Unterstützung der Deutschen Schmerzhilfe ihre Kompetenz als "Schmerzberatungs-Apotheker" gestärkt. Fabian: "Gerade in Apotheken suchen Schmerzpatienten Rat. Zur Verbesserung der Versorgung von Schmerzpatienten wünschen wir uns noch mehr engagierte Beteiligung von Apothekern und Apothekerinnen."

Entschärfung der Regularien

Der Präsident der Deutschen Schmerzhilfe, seit fünf Jahren im Amt, spricht von alten Rollenbildern, aber auch überkommenen Gegebenheiten und "Kontrollzwängen" in der Medizin, die revidiert werden müssen. Eine Hauptursache der kontraproduktiven Zustände in der Schmerztherapie sei die durch die BTM-Gesetzgebung begründete, durch nichts zu rechtfertigende Mystik um die unverzichtbaren Morphine. "Der Arzt muss annehmen, dass er sich mit der Verschreibung der durch die BtmVV als brisant deklarierten Medikamente zur Schmerztherapie im Zweifelsfall Probleme einhandelt", so Fabian, der die Verordnung sowie ihren inhaltlichen Duktus "nicht dürfen, nicht können, nicht sollen" als völlig veraltet, praxisfremd und therapiefeindlich umschreibt. "Wir lehnen die BtmVV in ihrer jetzigen Fassung ab und fordern eine der adäquaten schmerztherapeutischen Versorgung angemessene Überarbeitung und Entschärfung der komplizierten Regularien."

 

Ansprechpartner für Fibromyalgie-Patienten

Auf Grund der Resonanz und Nachfrage, hier die Adressen weiterer Selbsthilfegruppen, die Patienten mit Fibromyalgie beraten:

  • Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V., Maximilianstraße 14, 53111 Bonn, Tel.: 02 28/76 60 60, Fax: 02 28/76 60 20, www.rheuma-liga.de 
  • Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e. V. (DGM), Bundesgeschäftsstelle, Im Moos 4, 79112 Freiburg, Tel. 0 76 65/94 47 20, Fax 0 76 65/94 47 20, www.dgm.org 
  • Zusammenschluss freier Selbsthilfegruppen und Ansprechpartner für Fibromyalgie-Betroffene (zum Beispiel Maria Riedel, Mönchsweiler, Tel.: 0 77 21/63 95 6, Ilona Ihme, Düsseldorf, Tel.: 02 11/66 07 99 sowie Gabi Thiess, Hamburg, Tel.: 0 40/79 07 40 6)

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