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Fibromyalgie, oft als Simulation abgetan

23.02.1998  00:00 Uhr

- Medizin

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Fibromyalgie, oft als Simulation abgetan

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< Das Fibromyalgiesyndrom (FMS), das sich durch chronische, generalisierte Schmerzen im Bereich der Muskulatur, der Knochen und des Bindegewebes auszeichnet, gehört zu den häufigsten Erkrankungen in der internistisch-rheumatologischen Praxis. Ungefähr drei Prozent der Bevölkerung sind betroffen. Es besteht eine Dominanz des weiblichen Geschlechts mit einem Erkrankungsmaximum zwischen dem 35. und 55. Lebensjahr.

Von einem großen sozialmedizinischen Problem sprachen die Referenten eines Symposiums der Strathmann AG am 7. Februar 1998 in Tremsbüttel bei Hamburg. Nicht Polemik aufgrund gravierender Mängel in Diagnostik und Therapie, sondern die interdisziplinäre Zusammenarbeit der medizinischen Fachbereiche sei angezeigt.

Das Dilemma der Patienten, die nicht selten als Simulanten behandelt werden, da es an einem nosologischen Konzept der Erkrankung mangelt, schilderte Professor Dr. Erika Gromnica-Ihle aus Berlin. Die Fibromyalgie gehe einher mit einem generalisierten, muskuloskeletalen Schmerz sowie mit Schlafstörungen, Müdigkeit, vegetativen Funktionsstörungen und psychischen Symptomen, aber auch gastrointestinalen und kardialen Symptomen, Atembeschwerden, Parästhesien, Dysurie, kalten Körperenden (Finger, Zehen, Nase, Kinn, Ohrmuscheln), Hyperhidrosis oder Tremor der Hände. Körperliche Untersuchungen, Röntgen, Laborparameter seien ohne Befund.

Chronische Überlastung löst Erkrankung aus


Trotz meist lang andauernder Beschwerden seien organische Veränderungen nicht zu registrieren, so Gromnica-Ihle. Sie nannte chronische Überlastung, Streß, mangelnde Erholungsmöglichkeiten, Verspannungen der Muskulatur sowie ein verändertes Schlafmuster und falsche Schmerzverarbeitung als Ursachen der Erkrankung. Psychisch stehe die Neigung zur Depression im Vordergrund der Erkrankung. Bei 75 Prozent der Patienten handele es sich um ängstliche Persönlichkeiten, die über Streß oder eine schwierige Kindheit, aber auch über psychosoziale Dauerbelastungen klagen. Die Betroffenen neigen zu Perfektionismus und erscheinen überangepaßt.

Nach den Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (ACR) ist das Fibromyalgiesyndrom über die sogenannten Tender Points (Hauptschmerzpunkte) definiert. Dolorimetrische Untersuchungen mittels Druckaufnehmer ermöglichen die semiquantitative Objektivierung einer reduzierten Schmerzschwelle auf mechanischen Druck im Vergleich zu Gesunden, sagte Privatdozent Dr. Gunther Neeck, Bad Nauheim.

Das zentrale Moment der Symptomatologie scheine eine vorübergehende oder fixierte Schmerzschwellenerniedrigung auf zentralnervöser Ebene zu sein, wobei verschiedene Störungen im Transmittersystem (zum Beispiel Serotonin) pathophysiologisch relevant sein dürften. Die Diagnose eines primären Fibromyalgie-Syndroms sei immer eine Ausschlußdiagnose, so Neeck.

Symptomorientierte Therapie


Aufgrund vorliegender Befunde kann die Fibromyalgie als besondere Form einer Depression betrachtet werden, betonte Professor Dr. Manfred Ackenheil aus München. Patienten mit Fibromyalgiesyndrom werden häufig mit niedrigdosierten Antidepressiva behandelt, wobei ein Ansprechen der Beschwerden nicht immer gewährleistet sei.

Die Behandlung ist symptomorientiert, erklärte Dr. Haiko Sprott aus Jena. Neben Antidepressiva kommen Myorelaxantien, Psychopharmaka, aber auch Lokalanästhetika und Salben zum Einsatz. Die Therapie sei darüber hinaus physikalischer (Bindegewebsmassagen, elektrogalvanische Vollbäder, Wassergymnastik) sowie psychotherapeutischer Art (Schmerzverarbeitung, Schmerzbewältigung und Entspannungsübungen, autogenes Training).

Dr. Jochen Tolk aus Kiel verwies auf die Rolle der analgetischen Bedarfsmedikation und die große Bedeutung von Selbsthilfeaktivitäten. Von der Arbeitsgemeinschaft um Professor Dr. Wolfgang Müller, Gründer des Fibromyalgiezentrums in Bad Säckingen, sei der Serotonin-3-Rezeptor-Antagonist Tropisetron in die Behandlung der Fibromyalgie eingeführt worden. In Doppelblindstudien gegen Placebo hätten circa 400 Patienten über eine signifikante Besserung der Schmerzen berichtet.

PZ-Artikel von Dr. Christiane Berg, Tremsbüttel
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