HBV-Impfung auch bei Jugendlichen |
23.02.1998 00:00 Uhr |
Medizin
Obwohl seit Jahren eine wirksame Impfung gegen die
Hepatitis-B-Infektion zur Verfügung steht, steigt der Grad der
Durchseuchung in Deutschland stetig. Unwissentlich Infizierte übertragen
das Virus kontinuierlich weiter. In den letzten Jahren impften Mediziner
entsprechend einer Empfehlung der ständigen Impfkommission (STIKO) vor
allem Säuglinge und Kleinkinder. Inzwischen rät die STIKO auch allen
Jugendlichen im Alter zwischen 11 und 15 Jahren zur Hepatitis-Prophylaxe.
Die relativ teure Impfung belastet jedoch den Haushalt der gesetzlichen
Krankenkassen.
Für den Präsidenten des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes, Professor Dr.
Adolf Windorfer, ist die Zahl der Neuinfektionen besorgniserregend. Circa 50.000
Menschen in der Bundesrepublik stecken sich jährlich mit dem Hepatitis-B-Virus
(HBV) an und werden damit potentielle Überträger, berichtete Windorfer auf einem
von SmithKline Beecham unterstützten Presseworkshop in Toledo/Spanien. Die
dann eventuell folgende akute Leberentzündung sei nicht so problematisch. 10
Prozent aller Infizierten erkranken jedoch wesentlich später an einer chronischen
Hepatitis, die nach vielen Jahren in Leberschrumpfungen oder einen bösartigen
Lebertumor übergehen kann.
HBV wird im Gegensatz zum A-Virus ausschließlich parenteral übertragen. Das
DNA-Virus kann sich in Blut, Muttermilch, Tränenflüssigkeit und Sperma befinden.
Nicht nur Risikogruppen sind betroffen
Das auf Risikogruppen zielende Impfkonzept der STIKO habe bisher kaum zu einer
Abnahme der HBV-Gesamtinzidenz geführt. Windorfer: Die Erfahrung zeigt, daß
von den Risikogruppen zuverlässig nur Angehörige von Gesundheitsberufen
durchimpft sind." Dort sank die HBV-Inzidenz auch um über 75 Prozent. Die
Übertragung finde aber überwiegend außerhalb der Risikogruppen statt, meistens
durch sexuellen Kontakt. Die STIKO empfehle deshalb generelle Impfungen nicht
nur für medizinisches Personal, Säuglinge und Kleinkinder, sondern auch für Elf- bis
Fünfzehnjährige. Nur so sei ein Schutz für die Zeit der hauptsächlichen sexuellen
Aktivität zwischen dem zwanzigsten und vierzigsten Lebensjahr zu erhalten.
Die Motivation von Jugendlichen, sich impfen zu lassen ist kein Problem, so
Windorfer. Mit der richtigen Ansprache ließen sich die Teenager vergleichbar leicht
von der Notwendigkeit der HBV-Impfung überzeugen. Wichtig sei eine umfassende
Aufklärung der Jugendlichen und ihrer Eltern. Das könne beispielsweise im Rahmen
des Biologieunterrichts stattfinden. In diesem Zusammenhang stellte Windorfer ein
Informationspaket vor, das vom Bayerischen Kultus- und Sozialministerium
entwickelt wurde. Ein Videoband, Dias und ausführliche Informationsbroschüren
erleichtern dem Lehrer die Vorbereitung einer Unterrichtsstunde zu Hepatits B. Das
Informationspaket kann bei allen Gesundheitsämtern oder direkt bei SmithKline
Beecham kostenlos angefordert werden.
Erstattungsregelungen sind uneinheitlich
Auch die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat der STIKO-Empfehlung
zugestimmt, Jugendliche prinzipiell zu impfen, so Windorfer. Präventive Maßnahmen
sind seit dem Gesundheitsreformgesetz von 1989 erstattungsfähig. Nach §20 Abs. 2
SGB V kann die Krankenkasse die Kostenübernahme für Schutzimpfungen in ihrer
Satzung als Leistung vorsehen. Es handelt sich jedoch nicht um eine
Pflichtvereinbarung; die Regelungen können sich regional von Kasse zu Kasse
unterscheiden. Der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) sowie der
Arbeiter-Ersatzkassen-Verband trafen diesbezüglich eine Impfvereinbarung mit der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung: Zu Lasten der Ersatzkassen kann eine
Schutzimpfung gegen Hepatitis B durchgeführt werden. Bei den Ortskrankenkassen
sind die Regelungen auf Landesebene jedoch unterschiedlich. Windorfer betonte,
daß die HBV-Impfung nicht das ärztliche Budget belastet. Dennoch zögerten einige
Allgemeinmediziner, Jugendliche grundsätzlich zu impfen.
PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Toledo
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