Kein Magenkrebs durch Salz |
01.12.2003 00:00 Uhr |
Ein hoher Salzverzehr soll die Entwicklung von Magenkrebs fördern. Eine Evidenz für einen solchen Zusammenhang gibt es jedoch weder beim Tier noch beim Menschen.
Kochsalz ist für unseren Organismus essenziell. Ohne Salz wären Lebensprozesse undenkbar. Es steuert die Nerventätigkeit, die Muskelaktivität und reguliert den Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt. Doch Salz gerät auch immer wieder ins Kreuzfeuer der Kritik, wobei die Diskussion häufig wenig rational, sondern stark emotional beladen geführt wird, erläuterte Privatdozent Dr. Jürgen Fischer, Löwenstein, auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Medica 2003 in Düsseldorf. Dass dabei auch Behauptungen aufgestellt werden, die wissenschaftlich keineswegs haltbar sind, erklärte der Onkologe am Beispiel Magenkrebs. So steht nach Fischer noch in manchem Lehrbuch zu lesen, dass der Salzkonsum als ein wesentlicher Risikofaktor für die Bildung von Magenkrebs anzusehen ist. „Dies entbehrt jedoch jeglicher wissenschaftlicher Grundlage, eine Evidenz für einen solchen Zusammenhang gibt es nicht.“
Eine Assoziation zwischen dem Salzverzehr und Magenkrebs wurde laut Fischer anhand epidemiologischer Daten konstruiert. So wurde beobachtet, dass seit der Einführung von Kühlschrank und Kühlketten, die das Pökeln stark zurückgehen ließ, die Magenkrebs-Inzidenz stetig sank. Aus dieser Beobachtung zu schließen, der Magenkrebs werde durch Salz verursacht, ist jedoch gewagt: „Das kommt mir ähnlich vor wie die Geschichte mit dem Storch und dem Geburtenrückgang“, so der Mediziner.
Er gab zu bedenken, dass es bislang keine einzige Untersuchung gebe, die einen krebserzeugenden Effekt von Salz dokumentiere. Im Gegenteil: Eine japanische Studie an Ratten habe sogar explizit nachgewiesen, dass selbst hohe Salzkonzentrationen keine toxische oder karzinogene Wirkung haben. Auch beim Menschen wurde versucht, entsprechende Assoziationen herzustellen, wobei sich ein uneinheitliches Bild ergab. Fischer: „Weder in Fallkontrollstudien noch aus Kohortenstudien ergib sich eine Evidenz für ein erhöhtes Magenkrebsrisiko durch Salz“.
Die beobachteten epidemiologischen Zusammenhänge könnten nach seinen Worten
zudem verschiedenste Gründe haben. Denn es reicht keineswegs, sich auf einen
Faktor in der Ernährung zu konzentrieren, der die komplexe Krebsentstehung
beeinflussen könnte. Hierbei kommen nach Fischer zahlreiche Faktoren zum Tragen
und zwar im diätetischen Bereich zum einen potenziell krebserregende Substanzen
wie Nitrit, Nitrosamen sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Zum
anderen gibt es auch protektive diätetische Faktoren. So wurde nachgewiesen,
dass ein reichlicher Verzehr von Obst und Gemüse dem Magenkrebs vorbeugt.
Unabhängig davon sind laut Fischer auch nicht diätetische Faktoren zu
berücksichtigen, bei denen – anders als beim Salzverzehr – die Zusammenhänge
eindeutig gesichert sind. Als Beispiel nannte der Onkologe einen
Bewegungsmangel, eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori und das
Rauchen, das nicht nur das Risiko für Bronchialkarzinom, sondern auch für
Magenkarzinom drastisch steigert.
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