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Keine harmlose Kinderkrankheit

13.08.2001  00:00 Uhr

MASERN

Keine harmlose Kinderkrankheit

PZ  Die Erkrankung beginnt mit Fieber, Bindehautentzündung, Schnupfen und Husten, ehe sich ein grobfleckiger, dunkelroter Ausschlag über den ganzen Körper ausbreitet. Bei zehn bis zwanzig Prozent der Patienten kommt es zu Komplikationen, die in Einzelfällen zu Behinderung und Tod führen können. "Masern sind daher keine leicht zu nehmende Kinderkrankheit, und die Möglichkeit der Schutzimpfung sollte unbedingt genutzt werden", betont Professor Dr. Reinhard Kurth, Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) in einer Presseerklärung.

Seit mit Beginn des Jahres gemäß dem neuen Infektionsschutzgesetz Verdacht und Erkrankung meldepflichtig sind, wurden dem RKI bereits 5093 Meldungen von Masernerkrankungen übermittelt, darunter ein Todesfall. Auf Grund dieser Meldedaten und der Masernüberwachungsdaten der Arbeitsgemeinschaft (AG) Masern rechnet das RKI mit 7000 bis 10. 000 Masernerkrankungen für dieses Jahr, das entspricht neun bis zwölf Fällen pro 100. 000 Einwohner. Mit der AG Masern kooperiert ein Netzwerk von bundesweit mehr als tausend niedergelassenen Ärzten, die seit 1999 Daten zur Anzahl der Masernfälle und Merkmalen ihres Auftretens liefern und Untersuchungsmaterialien zur weiteren Analyse an das "Nationale Referenzzentrum Masern, Mumps, Röteln" am RKI senden.

Im Westen besonders häufig

Auffällig ist die überdurchschnittlich hohe Zahl an Masernerkrankungen in den westlichen Bundesländern. Die meisten Fälle pro 100. 000 Einwohner (Inzidenz beziehungsweise Neuerkrankungen pro 100. 000 Einwohner) hatten Bayern mit 16,9 (2039 Neuerkrankungen), Schleswig-Holstein mit 8,5 (236), Nordrhein-Westfalen mit 7,0 (1262) und Baden-Württemberg mit 6,2 (645). Dagegen liegt die Inzidenz in den östlichen Bundesländern durchweg unter 1 pro 100. 000 Einwohner. (Gesamtzahl, Stand 13. August 2001: 5093). Solche regionalen Unterschiede hatte die AG Masern bereits im vergangenen Jahr beobachtet.

Ursache der noch immer hohen Erkrankungszahlen in Deutschland ist eine unzureichende Nutzung der Impfung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am RKI empfiehlt die erste Impfung nach dem vollendeten elften Lebensmonat und eine zweite Impfung zur Schließung von Immunitätslücken. Seit kurzem rät die STIKO, den Kinder möglichst früh, noch im zweiten Lebensjahr, die zweite Dosis des Masernimpfstoffs zu verabreichen (frühestens vier Wochen nach der ersten Impfung, beide Impfungen sinnvollerweise als kombinierte Masern-Mumps-Röteln-Impfung).

In Deutschland sind gegenwärtig selbst beim Schulbeginn nur etwa 85 Prozent der Kinder gegen Masern geimpft, und die für alle Kinder empfohlene zweite Impfung haben sogar weniger als 15 Prozent erhalten. Auch bei den geimpften Kindern erfolgt die erste Masernimpfung oft nicht rechtzeitig. Nach Ergebnissen einer repräsentativen Studie der Ludwig-Maximilians-Universität München haben am Ende des zweiten Lebensjahres erst 73 Prozent der Kinder die erste MMR-Impfung erhalten.

Nationales Ausrottungsprogramm

Die Eliminierung der Masern - erklärtes Ziel der Weltgesundheitsorganisation - ist möglich, wenn Durchimpfungsraten von mehr als 95 Prozent erreicht werden. Daher wurde Ende 1999 ein nationales Programm zur Eliminierung der Masern in Deutschland verkündet, das vom RKI mit anderen Organisationen des Gesundheitswesens (Bundesministerium für Gesundheit, Gesundheitsbehörden der Länder, Vertreter von Ärzten, Krankenkassen, Apothekern) gemeinsam erarbeitet wurde. Hauptzielgruppen sind niedergelassene Ärzte, vor allem Kinderärzte, die den Impfstatus der von ihnen betreuten Kinder und Jugendlichen regelmäßig überprüfen sollten, der öffentliche Gesundheitsdienst, der vor Ort eine wichtige Moderatorenrolle einnimmt, und die Eltern und Jugendlichen selbst.

Die Auswertung der Erfassungsberichte der AG Masern aus dem Zeitraum Oktober 1999 bis März 2001 mit fast 1300 Masernerkrankungen hat gezeigt, dass unter den Ungeimpften der Anteil derjenigen, die eine Impfung nicht gewünscht hatten, mit 35 Prozent sehr hoch war. "Dies unterstreicht, dass eine fachlich fundierte Aufklärung und Information - zum Beispiel über das Verhältnis der Risiken bei Erkrankung und Impfung - verstärkt erforderlich sind", sagt Kurth.

Die Empfänglichkeit des Menschen - einziger Wirt des Masernvirus - ist hoch. Die Übertragung erfolgt über die Luft durch Tröpfcheninfektion (Husten, Niesen, Sprechen). Das Masernvirus führt bereits bei kurzem Kontakt mit Erkrankten zu einer Infektion (der sogenannte Kontagionsindex liegt bei nahezu 100 Prozent) und löst bei mehr als 95 Prozent der Infizierten Symptome aus. Daher kommt es häufig zu Ausbrüchen, mehr als achtzig alleine in diesem Jahr. Bei einem besonders großen Ausbruch mit insgesamt 167 Fällen, den die Schleswig-Holsteinischen Gesundheitsbehörden gemeinsam mit dem RKI untersuchten, waren bei zwanzig Prozent der untersuchten Patienten ernsthafte Komplikationen wie Lungenentzündung und Mittelohrentzündung aufgetreten. Schwerwiegende Nebenwirkungen der Impfung wie Gehirnentzündung (postvakzinale Enzephalitis) sind dagegen mit einem Fall pro ein bis zwei Millionen Impfungen extrem selten. Top

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