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Riskanter Risikotest für Brustkrebs

05.05.1997  00:00 Uhr

- Medizin

  Govi-Verlag

Riskanter Risikotest für Brustkrebs

  Amerikanische Firmen brachten kürzlich die ersten Gentests auf den Markt, die in der Lage sind, Brustkrebs vorherzusagen. Doch das neue Verfahren ist heftig umstritten, denn bisher stützt nur die Statistik einen Zusammenhang zwischen den untersuchten Genen und der Wahrscheinlichkeit einer Tumorbildung im Brustgewebe. Welche Rolle die Gene bei der Krebsentstehung spielen, ist noch unbekannt. Außerdem existieren zur Zeit keine Therapien, mit denen Frauen einer Krebserkrankung vorbeugen könnten.

Die kommerziellen Tests analysieren zwei Gene aus dem Erbmaterial, BRCA1 und BRCA2 (breast cancer). Die Gene enthalten die Information für die Synthese von großen Eiweißmolekülen, die vermutlich an der Kontrolle der Zellteilung mitwirken und zu den tumorunterdrückenden Proteinen (Tumorsupressoren) zählen: Treten Mutationen in den Genen auf, ändern sich somit auch die Eiweiße.

Vererbbare Merkmale verursachen nur 5 bis 10 Prozent aller Brustkrebs-Erkrankungen. Zwei Drittel davon gehen vermutlich auf das Konto der jüngst isolierten BRCA-Gene. Bislang untersuchten Wissenschaftler diese Gene hauptsächlich bei Familien, in denen Brustkrebs auftrat. Diese Familien gehören speziellen Bevölkerungsgruppen wie der jüdisch-amerikanischen Ashkenazi-Minorität oder den Einwohnern Islands an. Aus diesen Untersuchungen errechneten einige Forscher ein 80- bis 90prozentiges Risiko an Brustkrebs zu erkranken, falls bestimmte erbliche Veränderungen in einem der beiden Gene vorliegen.

Seit der Isolierung des BRCAl-Gens vor zwei Jahren fanden Wissenschaftler 235 verschiedene Abweichungen in dem Gen, das die Konstruktionsanleitung für ein Protein aus 1863 Bausteinen enthält. Für das später charakterisierte BRCA2-Gen sind mittlerweile über 100 unterschiedliche Mutationen bekannt. Selbst Siegfried Schwerneck, Leiter der Abteilung Tumor-Genetik und BRCA-Forscher am Berliner Max-Delbrück-Zentrum, gibt zu bedenken, daß bisher "kein einzelner Mutationstyp mit dem Auftreten einer bestimmten Art von Brustkrebs und dem Krankheitsverlauf in Zusammenhang gebracht werden konnte".

Die Gentests weisen aber nichts anderes als die Mutationen in den BRCA1- BRCA2-Genen nach. Mittlerweile starteten in den USA, Australien und Europa große Untersuchungen, die sich alle auf Veränderungen in den beiden Genen konzentrieren. John Hopper, Epidemiologe aus Melbourne, bezweifelt die Risikoangaben, da viele Faktoren bei diesen Abschätzungen nicht berücksichtigt wurden, wie etwa der Einfluß der Hormone und die Anzahl der Geburten. Er hält die deterministische Sicht "man hat ein Gen X und das macht es - fertig" für Unsinn. Auch Professor Dr. Jürgen Kunze von der genetischen Beratungsstelle des Berliner Rudolf-Virchow-Krankenhauses meint, daß eine große Anzahl von verschiedenen Faktoren, so auch weitere Gene, bei der Brustkrebsentstehung eine Rolle, spielen.

Die größten Schwierigkeiten dürften Ärzte bekommen, wenn es darum geht, die getesteten Frauen zu beraten. Denn zur Zeit weiß niemand genau, wie der Krebsentstehung vorzubeugen ist. Die Vorschläge reichen von der Durchführung regelmäßiger Mammographien über die Chemotherapie bis hin zur vollständigen Amputation der Brust.

Deshalb forderten verschiedene wissenschaftliche Institutionen in den USA, die Tests nur in Forschungsprojekten einzusetzen und mit der Markteinführung zu warten, bis ihre Aussagekraft und ihre Genauigkeit gesichert ist. Die Gentechnik-Firmen ignorieren diese Forderung, und die amerikanische Regierung berief ein unabhängiges Beratergremium. Mittlerweile waren auch in Deutschland, so Kunze, die Voraussetzungen für die Durchführung der neuartigen Gentests geschaffen, Mediziner könnten ihren Facharzt für Humangenetik machen und die Labors seien gerüstet. Ein Zulassungsverfahren wie bei Arzneimitteln bestehe nicht. Aber bisher gibt es die Tests nicht auf Krankenschein.

PZ-Artikel von Angela Haese, Berlin.        

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