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Eizellen entstehen auch nach der Geburt

Datum 12.04.2004  00:00 Uhr
Oogenese

Eizellen entstehen auch nach der Geburt

von Helga Anton-Beitz, Tübingen

Das seit Jahrzehnten herrschende Dogma, dass die Eizellen weiblicher Säugetiere nur während der Embryonalentwicklung entstehen, wird durch neue Forschungsergebnisse widerlegt. Aktuelle Untersuchungen an der Maus zeigen, dass deren Ovarien auch nach der Geburt neue Eizellen bilden. Dies hat weit reichende Folgen für das Verständnis der weiblichen Fertilität.

Die Ovarien weiblicher Säugetiere sind zum Zeitpunkt der Geburt mit einem Vorrat an Eizellen ausgestattet, der sich im Laufe ihres Lebens durch Degeneration und durch Ovulation stetig verringert. Seit mehr als 50 Jahren galt als sicher, dass zu diesen Keimzellen nach der Geburt keine weiteren mehr hinzukommen. Daher wurde an einer postnatalen Entstehung von Eizellen nicht weiter geforscht. Dieser Vorrat wird nach der Geburt, so die seit 50 Jahren gültige Lehrmeinung, nicht wieder aufgefüllt. Der Zufall brachte die Wissenschaftler um Jonathan Tilly vom Vincent Center for Reproductive Biology in Boston, USA, auf die Fährte von Keimzell-Stammzellen.

Das Team untersuchte die Degeneration von Follikeln im Ovar von Mäusen. Zu diesem Zweck zählte es die gesunden und die degenerierenden Follikel direkt nach der Geburt und während des Heranwachsens. Zu ihrer großen Überraschung ging die Rechnung nicht auf: Bei einer Degenerationsrate von bis zu 1200 Follikeln pro Tag beherbergten die Ovarien weit mehr gesunde Follikel, als zu erwarten wäre. Rein rechnerisch mussten also neue Eizellen im Ovar entstanden sein. Dieses Ergebnis wurde im Tierexperiment bestätigt. Die Wissenschaftler behandelten hierfür Mäuse mit dem Zytostatikum Busulfan, das für Keimzell-Stammzellen toxisch ist, aber keine schädigende Wirkung auf die Keimzellen selbst hat. Nach 20 Tagen war der Vorrat an unreifen Follikeln in den Ovarien der Mäuse auf 5 Prozent dessen gesunken, was ihre mit Placebo behandelten Artgenossen aufwiesen.

Nachweis durch Marker

In histologischen Untersuchungen entdeckten die Forscher im Oberflächenepithel der Ovarien Zellen, die den fetalen Keimzell-Stammzellen ähnelten. Jedes Ovar wies nur ungefähr 60 dieser Zellen auf, was mit der Tatsache übereinstimmt, dass Stammzellen im Organismus meist nur in geringer Zahl auftreten. Mittels biologischer Marker zeigten die Wissenschaftler, dass diese Zellen der Keimbahn angehörten und dass sie zellteilungsaktiv waren. Außerdem konnte in den Ovarien Meiose-Aktivität gemessen werden, die unabhängig von der Reduktionsteilung der fetal entstandenen Eizellen war und die mit zunehmendem Alter der Versuchstiere abnahm.

In den Ovarien von transgenen Mäusen konnte das Team neu entstandene Eizellen sichtbar machen. Das genetische Material dieser Mäuse war so verändert, dass sie in jeder Körperzelle einen grün fluoreszierenden Farbstoff produzierten, also auch in den Ei- und Follikelepithelzellen ihrer Ovarien. Auf diese Ovarien wurden Teile des Ovars einer Wildtyp-Maus transplantiert. Darin tauchten einige Wochen später grün fluoreszierende Eizellen auf, die von nicht fluoreszierenden Follikelepithelzellen umgeben waren. Keimzell-Stammzellen der transgenen Maus mussten also in das transplantierte Ovargewebe der Wildtyp-Maus eingewandert sein und dort neue Eizellen gebildet haben.

Nun gilt es nachzuweisen, ob die neuen Eizellen tatsächlich aus den beschriebenen Zellen des ovariellen Oberflächenepithels entstehen. Sollte dies gelingen und sollten die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sein, so müssten nahezu alle Aspekte der weiblichen Fortpflanzungsbiologie überdacht werden. Die neu gewonnenen Erkenntnisse lassen zum Beispiel vermuten, dass der Eintritt der Menopause weniger von der Degeneration der Eizellen, als von der Teilungsaktivität der Keimzell-Stammzellen abhängt. Von überragender Wichtigkeit wäre dann die Frage, was diese Keimzell-Stammzellen gesund hält und wodurch sie geschädigt werden. Die Antworten könnten völlig neue Behandlungsmöglichkeiten weiblicher Infertilität und innovative Methoden der Reproduktionsmedizin hervorbringen.

 

Literatur

  1. Johnson, J., et al., Germline stem cells and follicular renewal in the postnatal mammalian ovary. Nature 428 (2004) 145 - 150.
  2. Spradling, A. C., More like a man. Nature 428 (2004) 133 - 134.
  3. Couzin, J., Textbook rewrite? Adult mammals may produce eggs after all. Science 303 (2004) 1593.

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