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Bypass im Gehirn

21.03.2005  00:00 Uhr
Schlaganfall

Bypass im Gehirn

von Hannelore Gießen, München

Die Gabe eines Wachstumsfaktors, der die Bildung neuer Blutgefäße stimuliert, könnte bei Risikopersonen einen ischämischen Insult verhindern. Ergebnisse aus Tierversuchen deuten auf einen protektiven Effekt hin.

Nach Herzinfarkt und Krebs ist der Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Auslöser ist meist ein plötzlicher Gefäßverschluss, seltener eine Blutung im Gehirn. Noch immer enden 10 Prozent aller Schlaganfälle tödlich. Zwar verstehen Mediziner zunehmend besser, wie es zu den Ablagerungen in den Gefäßen kommt, doch für die Behandlung existiert nach wie vor keine klinisch gesicherte Therapie. Darüber hinaus gibt es keine Möglichkeit, Risikopatienten vor einem Insult zu schützen. Kölner Wissenschaftler stellten im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Science ein Verfahren vor, bei dem Wachstumsfaktoren die Bildung von Umgehungsgefäßen im Gehirn stimulieren (PNAS 101 (2004) 12730-12735).

Oft hilft sich der Körper nach einem Gefäßverschluss selbst, indem er über Kollateralgefäße einen Umgehungskreislauf entwickelt. Dabei bilden sich um den Verschluss aus einem bereits bestehenden Netzwerk aus Mikroarterien durch Zellteilung und Gewebsumbau funktionelle Arterien. Mehrere kleine Gefäße, die sich neben der verstopften Ader bilden, können im Idealfall die Durchblutungsstörung ausgleichen.

In der Realität wachsen solche natürlichen Bypässe jedoch viel zu langsam, um eine Schädigung des betroffenen Organs zu verhindern. Forscher des Max-Planck-Instituts für neurologische Forschung in Köln konnten jedoch zeigen, dass mit Hilfe des Granulozyten-Makrophagen-Kolonie stimulierenden Faktors (GM-CSF) die Bildung eines Bypasses im Gehirn wesentlich beschleunigt werden kann ­ zumindest im Tierversuch. Die Wissenschaftler lösten bei Ratten eine künstliche Hypoperfusion im Gehirn aus, indem sie die beiden Vertebralarterien sowie eine der beiden Karotiden verschlossen. Nach diesem Eingriff sank die Durchblutung des Gehirns auf etwa die Hälfte des Ausgangswertes ab. Damit ist das Gehirn zwar nicht geschädigt, das Risiko für einen Schlaganfall steigt jedoch deutlich an.

Von nun an injizierten die Forscher einem Teil der Ratten täglich den Wachstumsfaktor GM-CSF (40 µg/kg), den restlichen Placebo. Nach einer Woche senkten sie 15 Minuten lang zusätzlich den Blutdruck der Tiere deutlich ab. Diese konnten die Hirndurchblutung über die neu gebildeten Kollateralgefäße nicht mehr aufrechterhalten und erlitten innerhalb kürzester Zeit einen Schlaganfall. Zwar verbesserte sich nach Normalisierung des Blutdrucks bei allen Ratten die Blutzufuhr in die gefährdete Hirnhälfte. Bei den mit GM-CSF behandelten Tieren wurde das Gewebe jedoch deutlich schneller und stärker durchblutet als in der Kontrollgruppe.

Als Referenzwert wurde der Kohlendioxidgehalt des Blutes bestimmt, da er die hämodynamische Reservekapazität angibt, und somit zeigt, über welche Kompensationsmechanismen das beeinträchtigte Gehirn verfügt. Bei den mit GM-CSF behandelten Ratten verdoppelte sich der Gefäßdurchmesser, die hämodynamische Reservekapazität normalisierte sich und das durch den Hirninfarkt betroffene Areal war nur halb so groß wie bei den Tieren, die kein GM-CSF erhalten hatten.

Möglicher Schutz für Risikopatienten

Die Messung der hämodynamischen Reservekapazität ist eine klinisch etablierte Methode, um Risikopatienten schon früh zu erkennen. Sollte sich herausstellen, dass auch bei gefährdeten Patienten mit GM-CSF eine Gefäßneubildung induziert und die hämodynamische Reserve wiederhergestellt werden kann, könnten sie so vor einem Schlaganfall geschützt werden. Die Kölner Wissenschaftler schlagen vor, das Modell in klinischen Untersuchungen zu überprüfen. Top

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