Mediterrane Ernährung könnte Demenz vorbeugen |
Laura Rudolph |
15.03.2023 14:30 Uhr |
Eine mediterrane Ernährung könnte zwei aktuellen Studien zufolge vor Demenz schützen. Die Ernährungsform beinhaltet reichlich Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Olivenöl. / Foto: Adobe Stock/Wild Awake
Eine mediterrane Ernährung könnte das Demenzrisiko unabhängig vom genetischen Risiko um fast ein Viertel senken. Das berichten Forschende der Universität in Newcastle, England, im Fachjournal »BMC Medicine« (DOI: 10.1186/s12916-023-02772-3). Die Ernährungsform beinhaltet reichlich Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Olivenöl, moderate Mengen an Fisch und nur geringe Mengen an Milchprodukten, Wein und Fleisch.
Ein Forschungsteam um Dr. Oliver Shannon analysierte Daten von 60.298 Personen aus der UK Biobank, einer groß angelegten Langzeitstudie im Vereinigten Königreich, die untersucht, wie sich Gene und Lebensstilfaktoren auf die Entstehung von Krankheiten auswirken. Die hohe Stichprobengröße unterscheidet die Arbeit von Shannon und Kollegen von früheren Forschungsarbeiten, die sich mehrheitlich auf kleine Kohorten mit nur wenigen Demenzfällen beschränkten.
Anhand von Ernährungsfragebögen bewertete das Team um Shannon die Probanden danach, inwieweit ihr Essverhalten einer mediterranen Ernährung entsprach. 882 Studienteilnehmer erkrankten in der durchschnittlich 9,1 Jahre langen Nachbeobachtungszeit an Demenz. Mithilfe eines Regressionsmodells untersuchten die Forschenden, ob und wie die Einhaltung einer mediterranen Diät mit dem Demenzrisiko korrelierte. Sie berücksichtigten dabei das individuelle polygenetische Risiko der einzelnen Personen, an Demenz zu erkranken.
»Unsere Studie legt nahe, dass eine eher mediterrane Ernährung eine Strategie sein könnte, um das Demenzrisiko zu senken«, schreibt Erstautor Shannon in einer Pressemitteilung. Demnach reduzierte sich das Demenzrisiko bei Probanden, die überwiegend mediterran aßen, um 23 Prozent im Vergleich zu Probanden, die sich anders ernährten. »Die gute Nachricht dieser Studie ist, dass selbst bei Personen mit einem höheren genetischen Risiko eine bessere Ernährung die Wahrscheinlichkeit verringert, an Demenz zu erkranken«, schlussfolgert Mitautor Professor Dr. John Mathers.
Auch Forschende des Rush University Medical Centers in Chicago berichten in einer aktuellen Studie im Fachjournal »Neurology« über die neuroprotektiven Effekte einer mediterranen Ernährung. Diese und die sogenannte MIND-Diät (»Mediterranean-DASH Intervention for Neurodegenerative Delay-Diät«), die der mediterranen Ernährung ähnelt und grünem Blattgemüse eine große Bedeutung beimisst, könnten vor einer Alzheimer-Demenz schützen (DOI:10.1212/WNL.0000000000207176). Laut Studie könnten insbesondere große Verzehrmengen von grünem Blattgemüse (wie Salate, verschiedene Kohlarten und Spinat) der Ablagerung von β-Amyloid-Plaques und τ-Proteinen im Gehirn vorbeugen, die maßgeblich an der Pathogenese der Alzheimer-Erkrankung beteiligt sind.
Das Team um Professor Dr. Puja Agarwal obduzierte Gehirne von 581 verstorbenen Personen, die zu ihrem Todeszeitpunkt durchschnittlich 91 Jahren alt waren. Alle hatten sich zuvor bereit erklärt, beim Demenz-Forschungsprojekt »Rush Memory and Aging Project« mitzuwirken. Bei 39 Prozent wurde unmittelbar vor ihrem Tod eine Demenz diagnostiziert. Bei der postmortalen Untersuchung erfüllten zwei Drittel der Verstorbenen die Kriterien für die Alzheimer-Krankheit. Mit Biomarkern aus der Neurobildgebung bestimmten die Forschenden die Menge an abgelagertem β-Amyloid und phosphoryliertem τ-Protein in den Gehirnen.
Die Autopsie-Ergebnisse kombinierten sie mit den Ernährungsgewohnheiten. Die Studienteilnehmer wurden jährlich zu ihrer Ernährung befragt, durchschnittlich ab einem Alter von 84 Jahren. Mithilfe eines Regressionsmodells bestimmte das Team, wie die mediterrane und die MIND-Ernährung mit dem Ausmaß der Alzheimer-Pathologie korrelierten. Demnach waren beide Ernährungsformen mit weniger Anzeichen für die Alzheimer-Erkrankung verbunden.
»Diese Ergebnisse sind aufregend: Eine Verbesserung der Ernährung in nur einem Bereich, wie der Verzehr von mehr als sechs Portionen grünem Blattgemüse pro Woche oder der Verzicht auf frittierte Lebensmittel, wurde mit weniger Amyloid-Plaques im Gehirn in Verbindung gebracht – ähnlich wie wenn man etwa vier Jahre jünger wäre«, schreibt Agarwal in einer Pressemitteilung.
Aufgrund des Studiendesigns können beide Studien lediglich eine Korrelation, aber keinen ursächlichen Zusammenhang nachweisen. »Aber wir wissen, dass es einen Zusammenhang gibt, und die Einhaltung der MIND- und der mediterranen Ernährung kann eine Möglichkeit sein, die Gesundheit des Gehirns zu verbessern und die kognitiven Fähigkeiten im Alter zu schützen«, resümiert Agarwal.
Auch räumen die Autorinnen und Autoren beider Publikationen ein, dass die Analysen mehrheitlich auf Personen beschränkt waren, die ihre ethnische Herkunft als weiß, britisch oder irisch angegeben hatten. Sie plädieren daher für weitere Forschung, um zu untersuchen, wie Ernährung und Gene das Demenzrisiko beeinflussen.