Geschenke für gute Gesundheit |
28.05.2001 00:00 Uhr |
Heilkundliche Symbole
In der religiös geprägten Vorstellungswelt der alten Babylonier pflegte der Gläubige den Göttern seine Dankbarkeit in Form von Opfergaben oder wertvollen Geschenken zu übermitteln. Häufig verband sich mit solchen Stiftungen auch die Erwartung einer Gegengabe, zum Beispiel die Erlösung von einer schmerzvollen Krankheit.
Die Fähigkeit zu heilen oblag prinzipiell jeder Gottheit, die als überirdische Macht sowohl Krankheiten senden als auch davon befreien konnte. Darstellungen von Krankheitsszenen sind aus Siegelbildern und Amuletttafeln bekannt. In ihrer Funktion als Substituten wurden Beterfigürchen verschiedenen Göttern geweiht.
Pilgerstätten des Vorderen Orients waren Tempelvorhöfe, dicht mit Weihegeschenken übersät, dazugehörig der Wasser liefernde Brunnen und die Obdach gewährende Säulenhalle. Aus zahlreichen Fundorten Mesopotamiens blieb eine Vielzahl von Terrakotten erhalten, die als Votivgaben im 14. vorchristlichen Jahrhundert aufgestellt worden sind. Einige davon lassen sich auf Grund entsprechender Merkmale der Gattung "ex voto" zuordnen. Die Figürchen stammen aus Heiligtümern der Städte Dur-Kurigalzu und Isin und tragen eine Widmung an die Heilgöttin Gula.
Modelliert wurden kniende Menschen, die eine oder beide Hände auf bestimmte Körperpartien legten und die Stelle ausdeuteten, die von Krankheit befallen war. Manche Terrakotte zeigte als Torso nur das Wesentliche. Diese Schematisierung erschwert die Diagnose, welche krankhafte Veränderung gemeint gewesen sein könnte. Während die abgebildete kniende Figur, die linke Regio Lumbago haltend, wahrscheinlich eine Degenerationskrankheit wie Arthritis meint, weist eine andere mit der Hand auf das Abdomen. Torsen, die beide Hände auf die Augen, den Kopf oder den Mund legen, bezeichnen Augenleiden, Kopfschmerzen und Zahnkaries.
Qualitativ sind die kleinen, maximal 20 Zentimeter hohen Statuetten, unterschiedlich gut gearbeitet. Sie weisen häufig noch Reste rötlicher oder blauer Bemalung auf. Versehen wurden sie zumeist mit einer Beschriftung des Stifters und einem Gebet. Die Anhörung durch die betreffende Gottheit war eine wichtige Voraussetzung für die Gewährung der Bitte. Der Absender des Gesuches wollte nicht anonym bleiben. Die angebetete Gula, von der man sich Heilung erhoffte, war die Vertreterin der göttlichen "Großärzteschaft". Ob die Figuren zum Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs oder erst nach erfolgter Genesung aufgestellt wurden, ist nicht bekannt. Konkrete Heilungsberichte sind in Zusammenhang mit den Votiven aus Mesopotamien nicht belegt.
Die Beischriften geben allerdings Auskunft über das Anliegen der
Bittsteller. Danksagungen, dass das Gebet erhört worden ist und die
Heilung Erfolg hatte, bezeugen diverse Inschriften auf Hundeterrakotten.
Der Hund war das heilige Attributtier der Gula und eine häufige
Weihegabe. Auf Grund des geringen Materialwertes mangelt den
Votivenfigürchen der Geschenkcharakter. Ihre Funktion lässt sich eher
als die des mitleiderweckenden Substituten interpretieren, der die
Aufmerksamkeit der Gottheit erzwingen sollte. Untermauert wird dies durch
Bittgebete, die um Erbarmen flehen, aber auch durch Gebetsbeschwörungen
wie: "Auf Geheiß der Göttin Gula, möge er(sie) bei guter
Gesundheit bleiben, möge (sie) lange leben..."!
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