Montezuma liebte den Weihnachtsstern |
30.12.2002 00:00 Uhr |
von Hanna Kleine-Weischede, Frankfurt am Main
Weihnachten ist vorbei, Tannenbäume werden entsorgt, da stehen bereits die ersten Schoko-Osterhasen in den Regalen der Supermärkte. Das ist die Zeit, in der einer der letzten Zeugen der Weihnachtszeit ums Überleben kämpft – der Weihnachtsstern. Dabei könnte er sich mit ein wenig Pflege zu einer recht stattlichen Zimmerpflanze entwickeln und erneut erblühen.
Seine ursprünglich blutroten Blätter machen den Weihnachtsstern zu einem attraktiven Mitbringsel in der Adventszeit. Heute gibt es bis zu 1000 verschiedene Zuchtformen. Von der Miniversion bis zu regelrechten Büschen sind die Pflanzen von Schattierungen in weiß, creme-, lachs- oder fliederfarben über rosa bis hin zu zweifarbigen oder gesprenkelten Exemplaren erhältlich.
Doch die Schönheit ist vergänglich. Denn die gezackten, glatten, gewellten, gekräuselten oder auch gebogenen Blätter welken schnell, rollen sich ein oder fallen ab. Völlig entnervt werfen viele Blumenfreunde die unschönen Gerippe mit den letzten bunten Blättern auf den Müll. Dabei ist „die Schönste“ – so der wissenschaftliche Name (Euphorbia pulcherrima) – eigentlich recht pflegeleicht, sofern man sich an ein paar Regeln hält.
Die bis zu vier Meter groß werdenden Euphorbien (Wolfsmilchgewächse) wurden bereits um 1400 von den Azteken Mexikos kultiviert. Die fälschlicherweise als Blüten bezeichneten roten Blätter sind eigentlich Hochblätter (Brakteen). Wie eine leuchtende Rosette umgeben sie die unscheinbaren gelben Blütenköpfe (Cyanthien). Die Hochblätter galten als Symbol der Reinheit. Aus ihnen gewannen die Azteken einen Farbstoff und aus dem Milchsaft eine fiebersenkende Medizin.
Der Sage nach glaubte der Azteken-Herrscher Montezuma, dass die roten Blätter aus den Blutstropfen des gebrochenen Herzens einer unglücklich verliebten aztekischen Göttin entstanden seien. An französischen Fürstenhäusern hieß die Pflanze daher „Etoile d’amour“ und wird auch heute noch in Frankreich am Muttertag verschenkt.
Zum Weihnachtsstern wurde die Pflanze etwa im 17. Jahrhundert. Mexikanische Franziskanermönche schmückten zu Weihnachten mit den roten „Blüten“ ihre Kirchen. Ihren Weg nach Europa fanden die ersten Stecklinge vor rund 200 Jahren, damals noch unter dem Namen Euphorbia heterophylla. 1834 wurde sie von Friedrich Klotzsch, Arzt, Apotheker und Kustos am Botanischen Museum in Berlin, nach einem Beleg des „Willdenow“-Herbariums beschrieben und erhielt ihren heutigen Namen. Carl Ludwig Willdenow, ein Lehrer von Alexander von Humboldt, legte das erste bedeutende Herbarium in Berlin an. Ihren Siegeszug als Topfpflanze trat sie allerdings erst nach dem zweiten Weltkrieg an. Bei den Gärtnern ist der Weihnachtsstern auch als Poinsettie bekannt. Diesen Namen erhielt er zu Ehren von Joel Poinsette, der als amerikanischer Gesandter in Mexiko 1828 die Pflanze beschrieb.
Zugluft unerwünscht
Doch wie kann man nun seinen Weihnachtsstern über den Winter retten? Die Euphorie mag weder Zugluft noch Staunässe. Sie bedeuten für die von den Hochebenen Mexikos stammende Pflanze den schnellen Tod. Gießen sollte man daher eher sparsam.
Bewährt hat sich das Tauchbad. Dabei hält man den Topf solange ins Wasser, bis keine Bläschen mehr aus der Erde entweichen. Danach die Erde gut abtropfen lassen. Gegossen wird dann erst wieder, wenn die Erde richtig trocken, aber nicht ganz ausgetrocknet ist. Das kann bis zu zwei Wochen dauern. Weihnachtssterne eignen sich auch für die Hydrokultur, was das Problem der falschen Gießmenge erheblich reduziert.
Um Spinnmilben oder Schildläuse zu vermeiden, sollten nur die grünen Blätter besprüht werden, die farbigen Hochblätter bekommen leicht unschöne Flecken. Auch mag es die „Blutsblume“ hell. Im Winter kann sie ruhig bei 16 bis 22 Grad Celsius am Fenster stehen, hierbei jedoch wie gesagt unbedingt Zugluft und starke Temperaturschwankungen vermeiden. Auch sollte der Standort nicht gewechselt werden. Im Sommer ist sie allerdings für ein sonniges oder halbschattiges Plätzchen im Freien dankbar.
In der Natur werden Weihnachtsterne von Kolibris bestäubt. In unseren Breiten gelingt die Vermehrung nur durch Stecklinge. Dies ist nur erfahrenen Hobbygärtnern zu empfehlen. Es ist daher ratsam, dann doch wieder ein neues Exemplar zu kaufen. Am besten kauft man die Pflanzen bei einer Gärtnerei. Sitzen die gelben Blüten noch fest, wird man lange Freude an der Pflanze haben.
Phönix aus der Asche
Der Weihnachtsstern ist eine so genannte Kurztagspflanze. Das heißt, nur wenn er weniger als zwölf Stunden Licht bekommt, bildet er Blüten aus. Daher kann man den Blühzeitpunkt beliebig steuern.
Ist die Pflanze verblüht, schneidet man sie etwa um ein Drittel zurück. Danach beginnt bis etwa Mai die Ruhezeit, in der die Pflanze ruhig kühler (12 bis 15 Grad Celsius) und trockener stehen kann. Erscheinen die ersten Triebe, sollte die Euphorbie in handelsübliche Einheitserde, also in ein Gemisch aus Torf und Ton, umgetopft werden. Als buschartige Zimmer-, Balkon- oder Gartenpflanze kann sie sogar über einen Meter hoch werden. Gedüngt wird alle 14 Tage. Damit sie schön buschig wächst, muss man die Spitzen der Haupttriebe abschneiden. Mit etwas Geschick kann die Pflanze auch zu einem Hochstämmchen herangezogen werden.
Um zu Weihnachten ein blühendes Exemplar zu haben, muss die Pflanze etwa Ende September für drei bis vier Tage komplett abgedunkelt werden. Bei kleinen Exemplaren eignet sich hierfür ein Karton oder eine schwarze Tüte. Bei größeren Pflanzen empfiehlt sich ein Platz in einem fensterlosen Raum. Danach wird der Lichtschutz 30 Tage lang für etwa acht bis neun Stunden entfernt. Wird die Dunkelphase zum Beispiel durch Straßenlaternen durchbrochen, bilden sich keine Blüten aus.
Giftig?
Der Weihnachtsstern enthält den für die Wolfsmilchgewächse typischen weißen Milchsaft. Dieser ist aber laut Giftinformationszentrale nicht stark reizend und nur gering giftig. In allen Zuchtformen des Weihnachtssterns sind die schädlichen Diterpenester nicht mehr vorhanden.
Obwohl auf Java die jungen Blätter als Gemüse gelten, ist vom Verzehr
abzuraten. Der Milchsaft und die Blätter des Weihnachtssterns sollen leicht
bitter (ohne Nachgeschmack) und nicht brennend schmecken. Etwa ab der
Einnahme von ein bis zwei Blättern kann es zu Übelkeit, Erbrechen oder
Durchfall kommen. Bisher sind nur bei Kleintieren vereinzelt schwerwiegende
Verläufe beschrieben worden. Als Therapie wird empfohlen, reichlich zu
trinken, bei größeren Mengen auch Kohle einzunehmen und gegebenenfalls einen
Arzt aufzusuchen.
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