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Corona-Prognose

Mäßiges Infektionsgeschehen im Sommer erwartet

Für die kommenden Monate ist eine entspanntere Corona-Lage zu erwarten. Forscher gehen davon aus, dass wir dann in eine chronische Phase eintreten. Wichtig sei eine schnelle Durchimpfung und die dauerhafte Überwachung der Viren.
dpa
16.06.2021  12:00 Uhr

«Für den aktuellen Sommer rechnen wir nach den aktuellen Daten ähnlich wie im letzten Jahr mit einem mäßigen Infektionsgeschehen», erklärte Dr. Jan Fuhrmann vom Forschungszentrum Jülich, der mögliche Pandemieverläufe berechnet, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. «Einerseits sind die mittlerweile vorherrschenden Virusvarianten ansteckender als im vergangenen Sommer, andererseits ist ein zunehmender Anteil potenziell infizierbarer Personen durch Impfung geschützt.»

Der rasche Rückgang der Inzidenzwerte der vergangenen Wochen werde sich aber notgedrungen verlangsamen, selbst wenn es noch eine Weile bei exponentiell fallenden Zahlen bleibt. Ein exponentieller Abfall beginne rasant und werde immer langsamer. Zudem gingen mit sinkender Inzidenz Öffnungsschritte einher, die wiederum zusätzliche Kontakte und damit mögliche Übertragungswege zur Folge hätten. «Da mit einer vollständigen Ausrottung des Virus in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, wird aber auch der exponentielle Trend selbst im günstigsten Fall früher oder später abbrechen, und die Inzidenz wird um ein niedriges Niveau schwanken», so Fuhrmann. Besonders die Übertragbarkeit der Virusvarianten zusammen mit dem Impfschutz und den Kontakten zwischen möglicherweise infizierten und infizierbaren Personen hätten starken Einfluss auf das Infektionsgeschehen und machten das Modellieren schwer.

Fuhrmann betonte, dass auch bei niedrigen Inzidenzwerten einzelne Ausbrüche auf lokaler Ebene durchaus deutliche Ausschläge bewirken können. Als Beispiel nannte er die Corona-Ausbrüche in einem Fleischbetrieb im Kreis Gütersloh im vergangenen Sommer. Und das Beispiel Großbritannien zeige, «dass eine Kombination aus weitreichenden Öffnungsschritten und erneuten Mutationen trotz bereits hoher Durchimpfung und saisonal bedingtem Abflauen des Infektionsgeschehens zu erneut steigenden Fallzahlen führen kann».

Prognosen für den Herbst seien noch nicht möglich. «Das wäre pure Spekulation», betont Fuhrmann. Zu viele Rahmenbedingungen seien noch unbekannt. Wie viele Personen werden beispielsweise bis dahin geimpft sein? Wie lange behält der Impfschutz seine maximale Wirksamkeit? Welche neuen Virusvarianten werden sich entwickeln? Werden einzelne Hygienemaßnahmen weiterhin beibehalten, ob durch Vorschriften oder durch individuelles Verhalten? «Mit einem gewissen Anstieg der Fallzahlen ist also zu rechnen, aber ob dieser mit den Werten des vergangenen Herbstes vergleichbar sein wird, ist vollkommen unklar.»

Corona-Pandemie geht in «chronische Phase» über

Das SARS-CoV-2 wird bleiben, selbst wenn einmal der Großteil der Weltbevölkerung geimpft sein sollte – davon geht inzwischen die Mehrheit der Experten aus. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), Professor Dr. Christian Karagiannidis, fordert ein Ende des «pandemischen Denkens» in Bezug auf das Coronavirus. Man werde in den kommenden Wochen und Monaten aus der pandemischen Phase herauskommen, künftig werde Covid eine Erkrankung des Klinikalltags werden und den Schrecken einer in Wellen verlaufenden Pandemie verlieren, sagte Karagiannidis bei einer digitalen Pressekonferenz des Verbands am Dienstag. «Wir werden in den kommenden Tagen die magische Grenze von 1000 Patienten unterschreiten.»

Nun sei die Zeit gekommen, «in eine chronische Phase» überzugehen, sagte Karagiannidis. Corona werde den Klinikalltag in den nächsten Jahren «wie die jährliche Grippewelle» begleiten. Bis zum Herbst sei dann nicht nur mit Corona-Infektionen zu rechnen, sondern auch mit vielen anderen Krankheiten sowie verschobenen Operationen. «Dann wird es einen Konkurrenzkampf um die Betten geben», sagte Karagiannidis. In den vergangenen Monaten habe man sich auf die Versorgung von Corona-Patienten konzentriert, bei anderen Krankheiten sei dies «nicht in dem Maße» geschehen.

Tierwelt besser auf Corona überwachen

Es wird wichtig sein, den Erreger dauerhaft zu überwachen – um Impfstoffe anpassen zu können und Ausbreitungswellen früh zu bemerken. Da es sich um ein globales Problem handle, sei eine internationale Struktur nötig, sagte Isabella Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe Emerging Viruses an der Universität Genf. «Besonders jene Regionen, in denen der Zugang zu Impfstoffen limitiert ist und die noch lange auf eine Durchimpfung der Bevölkerung warten müssen und in denen gleichzeitig weitgehend unkontrollierte Viruszirkulation stattfindet, stellen Risikogebiete für neue Varianten dar», so Eckerle.

In die Überwachung müssten auch Nutz- und Wildtierpopulationen eingeschlossen werden. Ein Vorbild könne das Influenza-Überwachungssystem für die jährlichen Grippewellen sein, sagte Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien am Biozentrum der Universität Basel. «Hier besteht seit Jahren ein globales Netzwerk, das Influenzaviren sammelt und Inzidenzen misst.»

Alle sechs Monate gebe es eine Empfehlung für die Zusammensetzung des Grippe-Impfstoffs. Der momentane Stand sei, dass die verfügbaren Impfstoffe gegen Corona-Varianten wie Alpha und Delta in Bezug auf Ansteckungen etwas weniger wirksam sind, gegen sehr schwere Verläufe aber weiterhin sehr gut schützen, erklärte Dr. Annelies Wilder-Smith, Professorin für neu auftretende Infektionskrankheiten an der London School of Hygiene and Tropical Medicine.

«Da die Senkung der Sterblichkeitsrate das wichtigste Ziel der öffentlichen Gesundheit in der derzeitigen Phase der Pandemie ist, sollte der Schwerpunkt weiterhin darauf liegen, einen größeren Anteil der Bevölkerung rasch zu impfen, anstatt Auffrischungsdosen bereitzustellen.» Dies sei umso wichtiger, als die Welt nicht einmal über genügend Impfstoffe verfüge, um jedem auch nur eine erste Dosis zu verabreichen, so Wilder-Smith. Eine rasche Durchimpfung der Bevölkerung sei zudem die beste Strategie, um die Entwicklung von bedenklichen Varianten zu reduzieren.

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