| Alexander Müller |
| 20.10.2023 14:55 Uhr |
Lunapharm-Geschäftsführerin Susanne Krautz-Zeitel (2.v.l.) hat heute ausführlich Stellung genommen. / Foto: PZ/Melanie Höhn
Laut Anklage soll Krautz-Zeitel zwischen 2015 und 2018 Medikamente über eine Apotheke in Griechenland bezogen und in Deutschland vertrieben haben, obwohl diese Apotheke keine Großhandelserlaubnis hatte. Zwar war dieser Handel behördlich im Mai 2017 verboten worden, trotzdem seien bis Juli 2018 weitere Lieferungen über Rechnungen eines Großhändlers aus Zypern verschleiert worden.
Mitangeklagt ist ein Rechtsanwalt aus Hessen als mutmaßlicher Mittäter. Ihm wird zur Last gelegt, über die Firma Rheingold vorsätzlich Hilfe beim Handel mit gefälschten Arzneimitteln geleistet zu haben. Das Gericht hat das Verfahren gegen einen dritten Angeklagten abgetrennt, da dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungs- und reisefähig war.
Am zweiten Prozesstag kritisierten zunächst Krautz-Zeitels Anwälte die Anklageschrift als »unklar« und »unterkomplex«. Die Staatsanwaltschaft habe es sich »zu leicht gemacht«, unter anderem bei der Prüfung der Verträge von Lunapharm. Die Verteidigung erklärte ebenfalls, dass keine Patienten gefährdet worden seien und dies ihrer Mandantin auch nicht vorgeworfen werde. Es sei alles »sauber« gewesen.
In den folgenden anderthalb Stunden verlas Krautz-Zeitel selbst eine Erklärung, inklusive ihres beruflichen Werdegangs. Die gelernte Pharmazieingenieurin hatte sich nach einer Tätigkeit in Apotheken und im Pharmaaußendienst im Februar 2006 mit Lunapharm selbstständig gemacht, zunächst »in den Räumen unseres Einfamilienhauses in Mahlow«.
Über Kontakte in Großbritannien, der Slowakei, Polen, Litauen und Griechenland wurde der Parallelhandel aufgezogen, also zentral zugelassene Ware gehandelt. »Es ist ein eng abgegrenzter Markt, an dem nur Berechtigte teilnehmen dürfen«, so Krautz-Zeitel. Alle Firmen würden überwacht, »selbstverständlich auch regelmäßig Lunapharm«. Bei der letzten GDP- und GMP-Inspektion im März 2017 sei erneut das Zertifikat ausgestellt worden.
2012 habe sie sich entschieden, Lunapharm noch einmal »grundlegend aufzustocken« und um Parallelvertrieb zu erweitern. Die dafür nötige sogenannte »kleine Herstellererlaubnis« sei der »Ritterschlag der Branche«, dies sei 2014 erreicht worden. Jetzt konnte Ware aus dem europäischen Ausland von Lunapharm umetikettiert und an deutsche Apotheken verkauft werden.
Auf spätere Nachfrage der Richterin bezifferte Krautz-Zeitel den Umsatz ihres Unternehmens auf zuletzt 25 bis 30 Millionen Euro. Das Geschäft mit der griechischen Ozbagdzi-Apotheke habe nur noch einen einstelligen Prozentsatz ausgemacht – wohl eher aus alter Verbundenheit zu Apotheker Mohamed Deyab Hussein. Laut Anklage soll Lunapharm mit dem illegalen Handel Einnahmen in Höhe von 1,1 Millionen Euro erzielt haben. Ein bedeutender Teil des Lunapharm-Umsatzes resultierte laut Krautz-Zeitel aus dem Weiterverkauf hochwertiger Kosmetika an Drogeriemärkte.
Die Athener Apotheke, bei der Lunapharm Arzneimittel bestellt hat, verfügte jedoch über keine eigene Großhandelserlaubnis. Das Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) Brandenburg habe dann Bescheide zum Verbot zum Handel mit der Apotheke in Griechenland erlassen und außerdem zum Parallelhandel. Lunapharm hat in beiden Fällen Widerspruch eingelegt. Krautz-Zeitel findet die Bezeichnung der Arzneimittel als Fälschung ungerechtfertigt, nur weil die Großhandelserlaubnis fehlte.
Lunapharm verpflichtete sich dennoch, nicht mehr über die Apotheke zu beziehen. Jetzt sollte die Ware über einen anderen Zwischenhändler, die Firma Gnomon aus Zypern, an Lunapharm geliefert werden. Geschäftsführer Stylianos Iannou war der dritte Angeklagte, dessen Verfahren abgetrennt wurde.