Lieferengpass bei atomoxetinhaltigen Arzneimitteln |
Melanie Höhn |
08.08.2024 14:16 Uhr |
Der Hersteller hat die Produktion zwischenzeitlich ausgesetzt, um die zugrundeliegende Problematik zu analysieren und geeignete Maßnahmen zur Behebung der Probleme zu ergreifen. / Foto: imago images/Future Image
Bei einem griechischen Hersteller atomoxetinhaltiger Arzneimittel sei ein Qualitätsmangel in der Herstellung von Hartkapseln aufgetreten, der zu starken Schwankungen im Wirkstoffgehalt geführt habe, meldet das BfArM. Dabei gehe es um »deutliche Abweichungen des Wirkstoffgehalts«, weshalb diese Medikamente zurückgerufen werden müssten.
Der Hersteller habe die Produktion zwischenzeitlich ausgesetzt, um die zugrundeliegende Problematik zu analysieren und geeignete Maßnahmen zur Behebung der Probleme zu ergreifen. Eine neue Herstellungslinie befinde sich im Aufbau. Aufgrund der Bedeutung des Herstellers mit rund 80 Prozent des Marktvolumens und fehlender Kompensationsmöglichkeiten müsse zwischenzeitlich mit Einschränkungen in der Verfügbarkeit Atomoxetin-haltiger Arzneimittel gerechnet werden. Das BfArM stehe aber in enger Abstimmung mit allen Akteuren in Deutschland und auf europäischer Ebene.
Durch die Abstimmung des BfArM mit den betroffenen Landesbehörden, Behörden anderer Mitgliedstaaten, dem Hersteller und den betroffenen pharmazeutischen Unternehmern seien unmittelbar Maßnahmen ergriffen worden. Zudem stehe das BfArM im engen Austausch mit den ärztlichen Fachgesellschaften. Nach derzeitiger Einschätzung sei eine Behebung des Engpasses innerhalb weniger Monate möglich.
Schwerwiegende Folgen für die Patientinnen und Patienten sind laut BfArM durch die Schwankungen des Wirkstoffgehalts nach klinischer Bewertung der Fachgesellschaften nicht zu erwarten. So liegen dem BfArM und den ärztlichen Fachgesellschaften bislang keine Meldungen zu aufgetretenen Nebenwirkungen vor, die mit den Gehaltsschwankungen in Zusammenhang gebracht werden können. Dennoch sei der Rückruf der betroffenen Chargen aufgrund der detektierten deutlichen Abweichungen erforderlich.
Der Anteil von Atomoxetin an allen Wirkstoffen, die zur Behandlung von ADHS eingesetzt werden können, beträgt circa 4 Prozent. Zum Vergleich: 77 Prozent aller ADHS-Behandlungen erfolgen mit Methylphenidat-haltigen Arzneimitteln.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie empfiehlt, »dass in Behandlung befindliche Patientinnen und Patienten beziehungsweise deren Familien mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten Kontakt aufnehmen, um alternative medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten bei entsprechender Indikation zu erörtern«. An Substanzen mit Zulassung für die Behandlung der ADHS existieren Methylphenidat- und Amphetamin-Präparate, zur Behandlung im Kindes- und Jugendalter zudem Guanfacin.