Leitliniengerecht therapieren |
Für Allergiker hat die Selbstmedikation einiges zu bieten. Die Palette der oralen Antihistaminika wurde zudem kürzlich mit Bilastin um eine neue Option erweitert. / Foto: Adobe Stock/Syda Productions
Zur Behandlung allergischer Symptome – unter anderem Augenjucken, Niesattacken und Fließschnupfen – steht für die Selbstmedikation eine Reihe von Wirkstoffen in verschiedenen Zubereitungsformen zur Auswahl. Eine Bewertung hat Stiftung Warentest in ihrer Märzausgabe vorgenommen. Deren Empfehlungen weichen allerdings von denen der Initiative zur Versorgung von Allergien und chronischen Atemwegserkrankungen (ARIA-Leitlinie) von 2019 ab. Darauf weist der Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA) in einer Pressemitteilung hin.
So empfiehlt die Leitlinie als Therapie erster Wahl den Einsatz eines oralen Antihistaminikum. Neben den H1-Antihistaminika Loratadin beziehungsweise Desloratadin sowie Cetirizin beziehungsweise Levocetirizin steht im Rahmen der Selbstmedikation seit Kurzem Bilastin für Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren zur Verfügung. Auf der Warteliste für einen OTC-Switch steht der Wirkstoff außerdem in einer Dosierung für Kinder ab sechs Jahren.
Eine konkrete Empfehlung für einen bestimmten Wirkstoff gibt die Leitlinie nicht. Der AeDA weist anlässlich des Beitrags von Stiftung Warentest jedoch darauf hin, dass bei rund 10 Prozent der Anwender Cetirizin die Blut-Hirn-Schranke passiere und so zu Müdigkeit und einer Unfähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr führen könne. Er kritisiert, dass die Nennung von Cetirizin als besonders preiswerte Therapie als die aus medizinischer Sicht am besten geeignete missverstanden werden könne.
Topische Corticosteroide, zum Beispiel Beclometason, Mometason oder Fluticason, gehören laut Leitlinie ebenfalls zur Therapie der ersten Wahl. Für die Kombination Antihistaminikum und Corticoid-Spray gebe es keinen Vorteil gegenüber der alleinigen Verwendung eines Corticoid-Sprays. Mit einer Ausnahme: Da die Wirkung von Corticoid-Sprays erst nach einigen Tagen eintritt, kann ein vorübergehend gemeinsam eingesetztes Antihistaminikum für eine raschere Linderung der Beschwerden sorgen.
Keine vorrangige Empfehlung gibt die Leitlinie – anders als Stiftung Warentest – Cromoglicinsäure-haltigen Arzneimitteln, da diese im Vergleich zu Antihistaminika schwächer wirken und zu diesem Wirkstoff keine modernen Studien vorliegen. Als Mastzellstabilisatoren vermindern sie bei Allergenkontakt die Ausschüttung unter anderem von Histamin aus Mastzellen. Ihre Anwendung muss daher rund zwei Wochen vor dem erwarteten Start der Allergiesaison begonnen und konsequent fortgeführt werden.
Auch Antihistaminika oder Corticoid-Sprays sollten bei persistierenden Beschwerden während der Allergiesaison möglichst konsequent angewendet werden, auch wenn die Intensität des Pollenfluges und damit die akuten Beschwerden – etwa nach Regentagen – eine kurzzeitige Pause einlegen. Bei der nächsten Pollenattacke findet das freigesetzte Histamin andernfalls zahlreiche unbesetzte Rezeptoren und der Patient erlebt eine erneute Verschlechterung seiner Beschwerden. Als persistierend gilt ein Heuschnupfen, wenn an mindestens drei Tagen pro Woche Symptome auftreten und die Episode mindestens vier Wochen andauert.
Rasch, doch nur für kurze Zeit können abschwellende Nasensprays, etwa mit Xylometazolin oder Oxymetazolin, oder adstringierende Augentropfen, etwa mit Tetryzolin, die Beschwerden lindern. Der Drang zu wiederholter Anwendung ist durch die kurze Wirkdauer hoch. Aufgrund der Gefahr einer Gewöhnung und der fehlenden antiallergischen Wirkung eignen sie sich daher nicht. Hingegen kann der Einsatz einer Nasenspülung (zum Beispiel Emser® Nasendusche) eine sinnvolle Ergänzung darstellen, da sich so Pollen und Sekret aus Nase und Nebenhöhlen entfernen lassen.
Nicht jede Allergie lässt sich in Eigenregie behandeln. Daher sollte im Beratungsgespräch auch nach der Dauer der Beschwerden sowie nach Veränderungen im Verlauf des allergischen Geschehens gefragt und gegebenenfalls für eine eingehende Diagnostik, Überprüfung der Therapie und der Möglichkeit einer Hyposensibilisierung zu einem (Arzt-)Besuch geraten werden. Bei mäßigen bis schweren Allergie-Symptomen kann außerdem eine Verordnung der Arzneimittel zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen. Dies ist etwa der Fall, wenn es durch die Allergie zu gestörtem Schaf, zu Schwierigkeiten in der Schule oder am Arbeitsplatz oder zu Beeinträchtigungen von Alltagsaktivitäten kommt.