Leitliniengerecht gegen Reizdarm |
Vom Reizdarmsyndrom sind besonders häufig Frauen zwischen dem 35. und dem 50. Lebensjahr betroffen. / © Adobe Stock/agnieszka_marcinska
Die Prävalenz des Reizdarmsyndroms (RDS) wird weltweit auf durchschnittlich rund 11 Prozent geschätzt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer und Jüngere häufiger als Ältere. Geprägt ist der Beschwerdekomplex von Blähungen und Bauchschmerzen, oft verbunden mit Durchfällen oder Verstopfung, mitunter auch im Wechsel. Man unterscheidet daher RDS-O (Obstipation dominant), RDS-D (Diarrhö dominant) und RDS-M (Mischform).
Wann spricht man von einem RDS? Laut der S3-Leitlinie »Reizdarmsyndrom« müssen drei Kriterien erfüllt sein: Die Beschwerden müssen seit mindestens drei Monaten bestehen. Sie müssen eine gewisse Schwere haben, die zum Arztbesuch geführt hat, und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Und nicht zuletzt: Es dürfen keine anderen Krankheiten vorliegen, die die Symptome verursachen.
Ziel der Therapie ist jeweils eine Kontrolle der Beschwerden und damit eine Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Eine Standardtherapie gibt es nicht. Die Behandlung orientiert sich an den Symptomen und Patienten benötigen oft Geduld, um eine für sie geeignete Therapie zu finden. Laut Leitlinie sollte ein medikamentöser Therapieversuch nach spätestens drei Monaten abgebrochen werden, wenn kein Ansprechen erfolgt ist.
Eine wichtige Basis kann ein Symptomtagebuch darstellen, mit dessen Hilfe Patienten individuelle Trigger und Faktoren identifizieren können, die bei ihnen die Beschwerden verschlechtern. Zu diesen können bestimmte Nahrungs- und/oder Arzneimittel gehören, aber auch Schichtarbeit oder psychologischer Stress. Zu langfristigen Eliminationsdiäten rät die Leitlinie nur, wenn Unverträglichkeiten auch gesichert nachgewiesen sind. Diese sollten dann unter fachkundiger Beratung durchgeführt werden. Als einzige evidenzbasierte Diät nennt sie die Low-FODMAP-Diät, bei der fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide und Polyole reduziert werden. Diese sollte in drei Phasen erfolgen: Elimination, Toleranzfindung und Langzeiternährung.
Um akute Beschwerden wie Bauchkrämpfe zu lindern, kann das Spasmolytikum Butylscopolamin (etwa Buscopan®) zum Einsatz kommen. Als pflanzliche Therapieoption eignet sich Pfefferminzöl (etwa Buscomint®), gegebenenfalls in Kombination mit Kümmelöl (etwa Carmenthin®). Beide gibt es in Form magensaftresistenter Kapseln. Sie bessern zudem Blähungsbeschwerden. Werden Tropfen gewünscht, stellt Iberogast® eine Therapieoption dar.
Beim RDS-O sollten Ballaststoffe eingesetzt werden, wobei löslichen Ballaststoffen der Vorzug gegeben werden sollte. Flohsamenschalen (zum Beispiel Mucofalk®) haben sich hier bewährt. Vor allem Patienten, deren Ernährung bisher wenig Ballaststoffe enthielt, sollten zunächst mit einer geringen Menge beginnen und diese dann nach Verträglichkeit langsam steigern. Anwender sollten außerdem auf ausreichende Trinkmengen achten. Auch eine Kombination mit Probiotika kann laut Leitlinie versucht werden. Welche Bakterienstämme sich jeweils eignen und wie lange diese angewendet werden sollten, kann jedoch nicht vorhergesagt werden. Um eine akute Verstopfung zu lindern, können Bisacodyl (etwa Dulcolax® Dragees/Zäpfchen) oder Natriumpicosulfat (etwa Laxoberal®) eingesetzt werden.
Um Durchfallepisoden im Rahmen eines RDS-D rasch zu stoppen, kann kurzzeitig Loperamid eingesetzt werden. Aber auch lösliche Ballaststoffe können hier empfohlen werden. Sie binden im Darm ein Zuviel an Flüssigkeit und tragen so auch bei Durchfällen zu einer Regulierung des Stuhls bei. Flohsamenschalen haben sich hier bewährt.