Leben Totgesagte wirklich länger? |
Theo Dingermann |
06.02.2025 17:00 Uhr |
Die Forschung zu dem Wirkstoffkandidaten BC 007 gleicht einer Achterbahn. Neuerdings gibt es wieder positives zu berichten: Bei einer bestimmten Gruppe von Post-Covid-Patienten konnte das Aptamer die Symptome Fatigue und Lebensqualität bessern. / © Getty Images/Alan Schein
Ende des Jahres 2021 meldete die Augenklinik des Universitätsklinikums der Friedrich-Alexander-Universität (FAU), dass bei vier Long-Covid-Patienten erstaunliche Verbesserungen ihres Krankheitsverlaufs beobachtet wurden, nachdem sie mit dem Aptamer BC 007 des Berliner Start-ups »Berlin Cures« behandelt worden waren. Die Rationale: Den Opthalmologen war aufgefallen, dass bei Covid-Patienten die Durchblutung der Augen auch viele Monate nach der Genesung noch deutlich eingeschränkt sein kann und diese Patienten Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren bilden. Letztere scheinen eine zentrale Rolle im Pathomechanismus von Post Covid zu spielen und sind das Target von BC 007.
Ziemlich genau ein Jahr später folgte dann die Ernüchterung. Damals teilte »Berlin Cures« auf seiner Website mit, dass die wichtigsten Ergebnisse einer Phase-II-Studie zu Long Covid keine Hinweise auf eine überlegene Wirksamkeit von BC 007 gegenüber dem Placeboarm erkennen ließen.
Jetzt nimmt die Geschichte eine weitere unerwartete Wende, denn auf dem Preprintserver »medRxiv« erschien kürzlich die Auswertung einer prospektiven, explorativen, randomisierten, placebokontrollierten, doppelblinden, gekreuzten Phase-IIa-Studie, in der neben der Sicherheit und Verträglichkeit auch die Wirksamkeit von BC 007 (Rovunaptabin) bei Patienten mit Post-Covid-Syndrom (PCS) analysiert wurde.
30 Patienten, die PCS-Symptome aufwiesen und positive Ergebnisse für funktionelle Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR-fAAb) hatten, waren in die Studie eingeschlossen. Die Teilnehmer erhielten entweder 1350 mg BC 007 oder Placebo intravenös an den Tagen 0 und 42 verabreicht.
Wie die Studienautoren zeigen, erwies sich BC 007 als gut verträglich und verursachte keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse. Bemerkenswerter war aber, dass im Vergleich zu Placebo bei den BC007-Anwendern eine signifikante Verbesserung der Fatigue-Symptomatik und der Lebensqualität, gemessen anhand standardisierter Fragebögen wie dem FACIT-Fatigue-Score und dem SF-36-Questionnaire, beobachtet wurde.
Die Studie verwendete ein Cross-over-Design. Dadurch war es möglich, eine potenzielle Wirkung von BC 007 auf die Fatigue-Symptome sowohl vor als auch nach dem Wechsel von Placebo zu Wirkstoff und umgekehrt zu messen. Neben den positiven Effekten mit Blick auf die Fatigue-Symptomatik ließ sich zeigen, dass die Neutralisation von GPCR-fAAb durch BC 007 möglicherweise zu einer verbesserten Mikrozirkulation beiträgt.
Die Forschenden diskutieren die Hypothese, dass die kontinuierliche Bindung von GPCR-fAAb an ihre Rezeptoren nicht nur zu einer konstanten Stimulation dieser Rezeptoren führt, sondern zudem eine Abnahme der Rezeptorexpression auf der Zelloberfläche und eine Abnahme der mRNA-Expression dieser Rezeptoren bewirkt. Dies könnte wiederum zu einer Beeinträchtigung der Endothelfunktion und einer Verschlechterung der Symptome bei PCS-Patienten führen.
Noch sind die Daten allerdings als vorläufig anzusehen, da sie den üblichen wissenschaftlichen Begutachtungsprozess noch nicht durchlaufen haben.