| Alexander Müller |
| 27.09.2023 14:15 Uhr |
Overwiening ging auch kurz auf die Aussagen Lauterbach im ARD-Morgenmagazin vor zwei Wochen ein. Mit der Verquickung von den Sorgen um Lieferengpässe und Honorarforderungen beschädige er das Vertrauen der Menschen in das gesamte Gesundheitssystem. »Solche Äußerungen gefährden den sozialen Frieden. Für diese Entgleisung erwarten wir eine Entschuldigung des Ministers«, so Overwiening. Leider stehe Lauterbach nicht zu seinem Wort: Der Minister hatte eigentlich versprochen, in diesem Jahr zum Deutschen Apothekertag zu kommen.
Mit ihrer Forderung nach einer Honoraranpassung sind die Apotheken bislang nicht bei der Politik durchgedrungen. Im Gegenteil: Gleich in das »Danke-sagen« nach der Coronapandemie sei den Apotheken der Kassenabschlag erhöht worden. In nunmehr elf Jahren Honorarstillstand seien die GKV-Einnahmen um 60 Prozent gestiegen, die Tariflöhne in den Apotheken um mehr als 30 Prozent und der Verbraucherpreisindex um 38 Prozent, rechnete Overwiening vor. Die Gesamtkosten einer durchschnittlichen Apotheke seien um fast 60 Prozent gestiegen.
Allein das Management der Lieferengpässe verursache – konservativ gerechnet – Kosten in Höhe von rund 425 Millionen Euro. Die 2022 und 2023 umgesetzten Tariflohnsteigerungen seien zwar »wichtig und richtig«, erzeugten aber ebenfalls Mehrkosten von rund 770 Millionen Euro. Um die Misere aufzufangen, müsse das Fixhonorar auf mindestens 12 Euro pro Packung erhöht werde, was 2,7 Milliarden Euro jährlich entspräche.
Noch könnten die Apotheken 160.000 wohnortnahe Arbeitsplätze anbieten. Doch aktuelle Umfragen zeigten, dass immer mehr Apothekeninhaber statt über Neueinstellungen leider über wirtschaftlich bedingte Kündigungen nachdenken müssten. Auch der Nachwuchs entscheide sich immer öfter gegen eine Bewerbung in der Apotheke oder gar eine Apothekengründung.
Die Apothekerschaft sei von der bisherigen Zusammenarbeit mit der Bundesregierung enttäuscht, machte Overwiening deutlich. / Foto: PZ/Alois Müller
»Mit großer Enttäuschung« blicke die Apothekerschaft auf die bisherige Zusammenarbeit mit der Bundesregierung. Sollte man heute keine konkreten Pläne und Handlungsoptionen zur Stabilisierung des Apothekennetzes erfahren, werde die ABDA noch in diesem Herbst deutschlandweite Proteste initiieren. »Dann müssen die Öffentlichkeit und die Medien erneut darauf hingewiesen werden, dass die Bundesregierung einen gesamten Versorgungszweig bewusst ausbluten lässt und zerlegt«, sagte Overwiening.
Immerhin an einer Stelle habe die Ampel Einsicht gezeigt, sodass in den Bereichen Austauschfreiheiten, Präqualifizierung und Retaxationen Erleichterungen erreicht werden konnte. »Bedauerlich ist jedoch, dass Teile dieser bürokratisch entlastenden Neuregelungen entweder doch lückenhaft beschlossen wurden oder durch die destruktive Verhandlungstaktik der Krankenkassen nun im Nachhinein Gefahr laufen, verwässert zu werden«, monierte die ABDA-Präsidentin. Der Apothekenalltag müsse endlich von überkomplexen, bürokratischen Anforderungen entlastet werden.