| Alexander Müller |
| 27.09.2023 14:15 Uhr |
Beim Lieferengpassgesetz (ALBVVG) sei der Wille des Gesetzgebers sehr deutlich gewesen: Die Apothekenteams sollten den durch die Lieferengpässe entstehenden Zusatzaufwand vergütet bekommen. Doch der GKV-Spitzenverband interpretiere den Geist des Gesetzes deutlich anders und wolle so den »ohnehin schon unverschämt niedrig festgesetzte Engpassausgleich« nur in wenigen Fällen zur Anwendung kommen lassen. Im Nachgang eines jeden Gesetzgebungsverfahrens versuche der Kassenverband, seine eigenen Lobbyforderungen nachträglich über den Verhandlungsweg durchzudrücken. »Wir fordern das Bundesgesundheitsministerium auf, den GKV-Spitzenverband in seine Schranken zu verweisen«, so Overwiening.
Mit den pharmazeutischen Dienstleistungen habe die Politik zwar einen ersten, wichtigen Schritt in diese Richtung unternommen. Doch auch hier habe der GKV-Spitzenverband versucht, »den Willen des Gesetzgebers durch Verzögerungstaktiken und destruktives Verhandlungsverhalten auszusitzen und zu konterkarieren«, kritisierte Overwiening. Auch wenn es anspruchsvoll erscheine, die neuen Dienstleistungen im »daily business« zu stemmen, appellierte sie an die Kollegen: »Bieten Sie die pharmazeutischen Dienstleistungen in Ihrer Apotheke an!«
Mit Blick auf die Digitalgesetze müsse sie sich allerdings fragen, »ob zwischen Ministerium und Kassenverbänden überhaupt noch ein gesunder Abstand besteht«, merkte Overwiening an. Beim E-Rezept und bei der elektronischen Patientenakte (ePA) drohten die ohnehin schon übermächtigen Krankenkassen-Verwaltungen Einblicke in sensible Patientendaten zu erhalten.
Der wirkliche Aufreger liege aber darin, dass die Krankenkassen laut Plan nun doch eigene Smartphone-Apps für die Weiterleitung von E-Rezepten auf den Markt bringen können sollen. »Es bleibt nur zu hoffen, dass das Parlament diese skandalösen Pläne des Ministeriums während des Gesetzgebungsverfahrens noch verhindert.« Die Nutzung des neuen Systems könne nur gelingen, wenn das E-Rezept diskriminierungsfrei, werbefrei sowie unabhängig von allen Partikularinteressen umgesetzt werde, betonte die ABDA-Präsidentin.
Für die Apothekerschaft ebenfalls ausgesprochen bedenklich seien die Pläne des Ministeriums im Entwurf des Gesundheitsdaten-Nutzungsgesetzes (GDNG), dass die Kassen ihren Versicherten individuelle datenbasierte Hinweise auf Gesundheitsrisiken machen dürfen. »Diese Regelung würde einen irritierenden Eingriff in das persönliche Beratungs-, Behandlungs- und Vertrauensverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und den Heilberufen darstellen«, warnte Overwiening.
Die ABDA-Präsidentin kündigte am Ende ihrer Rede erneut an, dass es weitere Proteste geben wird, wenn die Apotheken jetzt keine Antworten bekommen. Ihre klare Botschaft lautete: »Wenn 17.800 Apothekenteams und mehr als 65.000 Apothekerinnen und Apotheker weiter geschlossen agieren, dann sind wir stark.«