| Alexander Müller |
| 27.09.2023 14:15 Uhr |
Mit einer kämpferischen Rede eröffnete die ABDA-Präsidentin den Deutschen Apothekertag. Es wurde deutlich: Der Frust bei den Apothekerinnen und Apothekern über den Bundesgesundheitsminister ist mittlerweile sehr groß. / Foto: PZ/Alois Müller
Der diesjährige Deutsche Apothekertag in Düsseldorf startete unter veränderten Vorzeichen: ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening musste sich zur Eröffnung natürlich mit den gestern bekannt gewordenen Liberalisierungsplänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auseinandersetzen. Diese Ideen bezeichnete Overwiening als »völlig verrückt« – und kündigte massive Proteste der Apothekerschaft an.
Mit den gestern in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« veröffentlichten Plänen habe der Minister »erneut ein unfassbares Zeichen verantwortungsloser Undankbarkeit und schwerwiegender Geringschätzung« an die Apotheken gesendet, so Overwiening. Lauterbach sei als erster Bundesgesundheitsminister dazu bereit, das Apothekensystem gänzlich zu zerstören. Eine Aufhebung des Mehrbesitzverbots führe langfristig dazu, dass das System den Angriffen von Fremdkapital ausgeliefert werde.
Lauterbach verfolge auch tief einschneidende Leistungskürzungen, wenn Filialapotheken »zu bloßen Arzneimittelabgabestellen herabgewürdigt« würden. Nach seinen Plänen sollten dort keine Rezepturen und keine Nacht- und Notdienste mehr angeboten werden, bei telepharmazeutischen Leistungen sollten PTA die Patientinnen und Patienten auch ohne Anwesenheit einer Apothekerin oder eines Apothekers versorgen können.
Unter diesen »völlig verrückten Plänen« würden laut Overwiening in erster Linie die Patientinnen und Patienten leiden. Das Apothekensterben auf dem Land werde ungebremst weitergehen, das zeigten die Erfahrungen in anderen Ländern. Auch für den pharmazeutischen Nachwuchs werde es immer uninteressanter, überhaupt eine Apotheke zu eröffnen. Niemand studiere jahrelang, um danach »Schmalspurpharmazie in einer Abgabestelle« zu betreiben.
Overwiening kritisierte auch, dass Lauterbach entgegen seiner Versprechung konkrete Leistungskürzungen plane. Denn nichts anderes sei es, wenn die einzige Filialapotheke in der Nähe von der Nachtdienstpflicht enthoben werde oder eine Patientin vom Apotheker ihrer Wahl mit einem Rezeptur-Rezept abgewiesen werden müsse.
Die Apotheken würden jetzt gemeinsam auf diese Bedrohungen reagieren und der Politik eindrücklich zeigen, dass diese Pläne eine Gefahr sind für die Patientinnen und Patienten seien. »Wir werden weiter protestieren, wir werden weiter stark sein, ja, stark sein müssen«, so Overwiening. Der gemeinsame Protest am 14. Juni habe die Kollegenschaft zusammengeschweißt und gestärkt. Die ABDA-Präsidentin bedankte sich für die Loyalität, Solidarität und das gemeinsame Zeichen der Stärke.
»Apotheken stärken. Jetzt«: So lautete der Slogan von Overwienings Rede. Jedes Mal, wenn die ABDA-Präsidentin diese Formulierung verwendete, brandete Applaus auf. / Foto: PZ/Alois Müller
Am 14. Juni habe die Branche dem Land gezeigt, dass in der Arzneimittelversorgung etwas nicht stimmt. Auch wenn im Nachgang nur ein Teil der Forderungen durchgesetzt werden konnten, rief die ABDA-Präsidentin ihre Kolleginnen und Kollegen zu Geschlossenheit auf. Um gemeinsam ein Zeichen an die Politik zu setzen, lagen auf den Plätzen im Saal Warnwesten mit dem Slogan »Apotheken stärken. Jetzt!« bereit – der Schlachtruf der heutigen Veranstaltung, bei auch der Trillerpfeifen verteilt wurden.