Lauterbach versteht Sorgen der ABDA nicht |
Reaktionen auf die Gesetzentwürfe ließen nicht lange auf sich warten. Die ABDA erneuerte am heutigen Mittwoch in einer Stellungnahme ihre Kritik daran, dass die Kassen mit dem GDNG künftig die Möglichkeit erhalten sollen, Daten ihrer Versicherten automatisiert auszuwerten. Zudem sollen die Kassen die Versicherten auf Gesundheitsrisiken hinweisen dürfen, die unter anderem durch die Arzneimitteltherapie entstehen können. Versicherte auf dieser Grundlage gezielt anzusprechen, bezeichnete die Standesvertretung als »schwerwiegenden Eingriff in das persönliche Beratungsverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und den Leistungserbringern«.
Zudem befürchtet die ABDA, dass »unverbindliche Empfehlungen« die Versicherten verunsichern und »unnötigen Mehraufwand bei den Leistungserbringern erzeugen« könnten. Bundesgesundheitsminister Lauterbach zeigte für diese Bedenken auf Nachfrage der PZ kein Verständnis. Es handele sich um zwei unterschiedliche Zugänge zu Daten der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). Die Versichertendaten zur AMTS, die die Kassen künftig auswerten dürfen sollten, seien andere als die, die den Apotheken vorlägen. Die AMTS-Prüfung werde lediglich ergänzt. »Die Arzneimitteltherapie wird dadurch noch sicherer«, zeigte sich der Minister überzeugt.
Kritik kommt auch von anderer Seite: Sowohl der Bundesdatenschutzbeauftragte aus auch der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen äußerten in den Verhandlungen grundsätzliche Bedenken.
Die Krankenkassen begrüßten die Digitaloffensive. Mit den beiden Gesetzen würden »wichtige und dringend nötige Weichen für ein digitales Gesundheitswesen« gestellt, erklärte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie begrüßte den Paradigmenwechsel zur freiwilligen EPA mit der »opt-out«-Regelung, wonach alle gesetzlich Versicherten die EPA bekommen, wenn sie nicht aktiv widersprochen haben. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz schaffe die Grundlage für eine bessere Datennutzung in Deutschland. »Das ist wichtig, denn eine gute Datengrundlage kann die Versorgung verbessern und sogar Leben retten – das hat sich nicht zuletzt während der Corona-Pandemie gezeigt«, sagte Pfeiffer.
IKK-Geschäftsführer Jürgen Hohnl bezeichnete die Digital-Gesetze als »wichtigen Schritt in die richtige Richtung«. Als »besonders positiv« bewertete er die im GDNG vorgesehene Nutzung der Daten für Auswertungen der Krankenkassen zur individuellen Früherkennung und zur Erkennung von Gesundheitsgefahren. Damit könnten die Kassen endlich ihre Rolle als Versorgungsmanager übernehmen, sagte Hohnl.
Die Betriebskrankenkassen begrüßten ebenfalls die Gesetzespläne, forderten jedoch Nachbesserungen. »Die Digitalgesetze haben enormes Potenzial, die Versorgung zu vereinfachen und zu verbessern«, sagte Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK-Dachverbandes. »Allerdings wird dieses Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.« So sollten niedergelassene Ärzte aus Sicht von Knieps dazu verpflichtet werden, in einem bestimmten Rahmen und in Notfällen eine Videosprechstunde anzubieten. Fachärzte sollten künftig telemedizinische Verfahren anbieten – etwa für das Einholen einer Zweitmeinung. Auch beim GDNG gibt es aus Sicht von Knieps Nachbesserungsbedarf. »Die im Gesetz enthaltenen Regelungen für die kommerzielle Nutzung von Daten sollte so ausgestaltet sein, dass die Bürgerinnen und Bürger der Weitergabe von Informationen explizit zustimmen müssen«, sagt Knieps.
Positive Reaktionen kamen vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). »Der Zugang und die Nutzung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken ist von entscheidender Bedeutung, um Deutschland zu einem attraktiven Forschungsstandort für die industrielle Gesundheitswirtschaft zu machen«, sagte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Der industriellen Gesundheitswirtschaft mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und dem Digitalgesetz einen gleichberechtigten Datenzugang zu Forschungszwecken zu geben, sei »längst überfällig«. Um Deutschland zum führenden Standort der Gesundheitsindustrie zu machen, brauche es mehr gesetzgeberischen Mut und Verfügbarkeit von Daten, forderte Plöger.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.