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Digital-Gesetze

Lauterbach versteht Sorgen der ABDA nicht

Künftig sollen die Kassen Daten ihrer Versicherten auswerten und diese auf mögliche Risiken, etwa zur Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS), hinweisen können. Sorgen der ABDA diesbezüglich teilt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht, wie er heute auf Nachfrage der PZ mitteilte.
Anne Orth
30.08.2023  18:05 Uhr

Die Bundesregierung hat am heutigen Mittwoch grünes Licht für beide Digitalgesetze aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gegeben. Das Kabinett stimmte sowohl dem Entwurf des »Gesetzes zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens« (Digital-Gesetz) als auch dem Entwurf des »Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten« (GDNG) zu. Die PZ berichtete bereits über die Kabinettsvorlagen.

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete den Kabinettbeschluss zu beiden Gesetzentwürfen am heutigen Mittwoch als »dramatischen Durchbruch«. »Die Digital-Gesetze sind das Fundament digitaler Versorgung und Forschung in unserem Gesundheitssystem. Damit starten wir sowohl im Versorgungsalltag als auch in der Forschung eine Aufholjagd und bauen in Deutschland eine der modernsten medizinischen Digitalinfrastrukturen in Europa auf«, sagte er vor Journalisten in Berlin. Ziel sei es, mit digitalen Lösungen den Versorgungsalltag und die Forschungsmöglichkeiten in Deutschland zu verbessern.

Das Digital-Gesetz sieht vor, dass das E-Rezept ab Januar 2024 Standard werden soll. Ab 2025 sollen Versicherte zudem automatisch eine EPA erhalten, wenn sie nicht widersprechen (»Opt-out-Regelung«). Lauterbach hofft, dass dadurch 80 Prozent aller Kassenmitglieder 2025 eine EPA nutzen. Die erste Anwendung soll eine digitale Medikationsübersicht sein. »Mit der E-Akte werden wir Nutzen stiften und unter anderem Medikationsfehler vermeiden«, sagte er. Zudem soll die Telemedizin fester Bestandteil der Gesundheitsversorgung werden. Apotheken sollen die Möglichkeit haben, assistierte Telemedizin anzubieten, um einen niedrigschwelligen Zugang zur Versorgung zu schaffen.

Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz habe die Bundesregierung ein »neues Gleichgewicht zwischen Datennutzung und Datensicherheit geschaffen«, betonte der Minister. Künftig werde es möglich sein, alle Daten in einem sicheren Umfeld zusammenzuführen. In Deutschland werde der »größte integrierte Gesundheitsdatensatz Europas« entstehen. Lauterbach kündigte zudem an, dass das Bundesgesundheitsministerium im Anschluss an die beiden Digital-Gesetze noch in diesem Jahr ein Medizinforschungsgesetz vorlegen werde, um Klinische Studien zu beschleunigen.

Lauterbach: »Arzneimitteltherapie wird noch sicherer«

Reaktionen auf die Gesetzentwürfe ließen nicht lange auf sich warten. Die ABDA erneuerte am heutigen Mittwoch in einer Stellungnahme ihre Kritik daran, dass die Kassen mit dem GDNG künftig die Möglichkeit erhalten sollen, Daten ihrer Versicherten automatisiert auszuwerten. Zudem sollen die Kassen die Versicherten auf Gesundheitsrisiken hinweisen dürfen, die unter anderem durch die Arzneimitteltherapie entstehen können. Versicherte auf dieser Grundlage gezielt anzusprechen, bezeichnete die Standesvertretung als »schwerwiegenden Eingriff in das persönliche Beratungsverhältnis zwischen Patientinnen und Patienten und den Leistungserbringern«.

Zudem befürchtet die ABDA, dass »unverbindliche Empfehlungen« die Versicherten verunsichern und »unnötigen Mehraufwand bei den Leistungserbringern erzeugen« könnten. Bundesgesundheitsminister Lauterbach zeigte für diese Bedenken auf Nachfrage der PZ kein Verständnis. Es handele sich um zwei unterschiedliche Zugänge zu Daten der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). Die Versichertendaten zur AMTS, die die Kassen künftig auswerten dürfen sollten, seien andere als die, die den Apotheken vorlägen. Die AMTS-Prüfung werde lediglich ergänzt. »Die Arzneimitteltherapie wird dadurch noch sicherer«, zeigte sich der Minister überzeugt.

Kritik kommt auch von anderer Seite: Sowohl der Bundesdatenschutzbeauftragte aus auch der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen äußerten in den Verhandlungen grundsätzliche Bedenken.

Positive Reaktionen von Kassen und BDI

Die Krankenkassen begrüßten die Digitaloffensive. Mit den beiden Gesetzen würden »wichtige und dringend nötige Weichen für ein digitales Gesundheitswesen« gestellt, erklärte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie begrüßte den Paradigmenwechsel zur freiwilligen EPA mit der »opt-out«-Regelung, wonach alle gesetzlich Versicherten die EPA bekommen, wenn sie nicht aktiv widersprochen haben. Das Gesundheitsdatennutzungsgesetz schaffe die Grundlage für eine bessere Datennutzung in Deutschland. »Das ist wichtig, denn eine gute Datengrundlage kann die Versorgung verbessern und sogar Leben retten – das hat sich nicht zuletzt während der Corona-Pandemie gezeigt«, sagte Pfeiffer.

IKK-Geschäftsführer Jürgen Hohnl bezeichnete die Digital-Gesetze als »wichtigen Schritt in die richtige Richtung«. Als »besonders positiv« bewertete er die im GDNG vorgesehene Nutzung der Daten für Auswertungen der Krankenkassen zur individuellen Früherkennung und zur Erkennung von Gesundheitsgefahren. Damit könnten die Kassen endlich ihre Rolle als Versorgungsmanager übernehmen, sagte Hohnl.

Die Betriebskrankenkassen begrüßten ebenfalls die Gesetzespläne, forderten jedoch Nachbesserungen. »Die Digitalgesetze haben enormes Potenzial, die Versorgung zu vereinfachen und zu verbessern«, sagte Franz Knieps, Vorstandsvorsitzender des BKK-Dachverbandes. »Allerdings wird dieses Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft.« So sollten niedergelassene Ärzte aus Sicht von Knieps dazu verpflichtet werden, in einem bestimmten Rahmen und in Notfällen eine Videosprechstunde anzubieten. Fachärzte sollten künftig telemedizinische Verfahren anbieten – etwa für das Einholen einer Zweitmeinung. Auch beim GDNG gibt es aus Sicht von Knieps Nachbesserungsbedarf. »Die im Gesetz enthaltenen Regelungen für die kommerzielle Nutzung von Daten sollte so ausgestaltet sein, dass die Bürgerinnen und Bürger der Weitergabe von Informationen explizit zustimmen müssen«, sagt Knieps.

Positive Reaktionen kamen vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). »Der Zugang und die Nutzung von Gesundheitsdaten zu Forschungszwecken ist von entscheidender Bedeutung, um Deutschland zu einem attraktiven Forschungsstandort für die industrielle Gesundheitswirtschaft zu machen«, sagte Iris Plöger, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Der industriellen Gesundheitswirtschaft mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz und dem Digitalgesetz einen gleichberechtigten Datenzugang zu Forschungszwecken zu geben, sei »längst überfällig«. Um Deutschland zum führenden Standort der Gesundheitsindustrie zu machen, brauche es mehr gesetzgeberischen Mut und Verfügbarkeit von Daten, forderte Plöger.

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