Laumann: Mehr Honorar, aber anderer »Personalmix« |
Alexander Müller |
24.02.2024 20:08 Uhr |
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will sich für die Freiberuflichkeit der Apotheker einsetzen. / Foto: Alois Mueller
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Beim 16. Zukunftskongress öffentliche Apotheke des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR) gab Karl-Josef Laumann (CDU), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales von Nordrhein-Westfalen, einen politischen Lagebericht. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass das Gesundheitswesen leistungsfähig sei, aber auch, »dass man ein Gesundheitssystem nicht auf Kante nähen kann«, so Laumann einleitend.
Leider habe sich diese Erkenntnis nicht überall durchgesetzt. Aufgrund politischer Entscheidungen im Arzneimittelbereich – von der Preisgestaltung bis zu den Auflagen für die Forschung – sei eine Produktion in sicheren europäischen Ländern schlicht nicht mehr möglich. Darin sieht Laumann eine große Gefahr.
Deutschland werde mit Blick auf eine völlig neue geopolitische Lage nicht nur erheblich mehr Geld für Rüstung abgeben müssen. »Wenn wir in Europa nicht abhängig sein wollen von Ländern, die wir nicht so richtig einschätzen können, werden wir mehr Geld für Arzneimittel ausgeben müssen«, so der NRW-Gesundheitsminister. Dasselbe gelte im Übrigen für die Nahrungsmittelproduktion und damit für die deutsche Landwirtschaft. »Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif«, so Laumann.
Neben der Versorgungssicherheit geht es Laumann um die gesellschaftliche Stabilität. Und dazu braucht aus Sicht des NRW-Ministers eine Mittelschicht inklusive Freiberuflichkeit. Die Apotheken dürften daher nicht in der Hand von irgendwelchen Ketten landen, ist Laumann überzeugt.
Bei allen auch in diesem Bereich notwendigen Effizienzsteigerungen, müsse eines klar sein: »Es muss das Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke erhalten bleiben«, so Laumann. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) aber stelle mit seinem aktuellen Gesetzesvorhaben dieses Leitbild infrage und müsse sich nicht wundern, dass der Berufsstand nicht mitgeht. »Du kannst doch auch nicht der katholischen Kirche das Beten verbieten«, so Laumann.
Lauterbachs bisherige Pläne sehen unter anderem vor, dass PTA alleine in Apotheken vertreten können, wenn ein Approbierter digital zugeschaltet werden kann. Auch wenn Laumann davon nichts hält, kann er sich den Einsatz anderer Berufsgruppen in der Apotheke vorstellen. Um die Versorgung mit absehbar weniger Menschen zu sichern, sei auch in Apotheken womöglich ein neuer »Personalmix« mir anderen Arbeitskräften notwendig, so Laumann. Über solche Fragen müsse man unterhalb der Leitbild-Prämisse reden.
ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, als Gast beim Zukunftskongress, fragte Laumann nach der Stellungnahme der Länder zu Lauterbachs Apothekenreform: »Sehen Sie eine Chance, dass sich der Bundesrat ganz klar gegen den Bundesgesundheitsminister positioniert?« Der NRW-Minister konnte ihr wenig Hoffnung machen. »So wie das Gesetz konzipiert ist, können wir es im Bundesrat nicht aufhalten.« Denn es sei eben nicht zustimmungspflichtig.
Dennoch werden die Länder über Stellungnahmen ihre Haltung deutlich machen können. Und zumindest Laumann unterstützt die Forderung nach einem höheren Fixum: »Beim Apothekenhonoraren ist seit vielen Jahren nichts passiert, da gibt es einen Nachholbedarf.« Die geforderte Erhöhung auf 12 Euro würde die Kassen nach Berechnungen seines Hauses drei Milliarden Euro kosten, umgerechnet 0,17 Prozent Beitragspunkte. »Das ist schon beitragsrelevant.«
Alternativ könnte man es über Steuern finanzieren. Aber angesichts von Inflation und Nullwachstum der Wirtschaft seien weitere Ausgaben des Staates unwahrscheinlich. Laumann hätte es grundsätzlich begrüßt, wenn sich der Bundestag mehr mit der wirtschaftlichen Situation des Landes als mit der Liberalisierung von Cannabis beschäftigt hätte.
Zum Schluss wurde der NRW-Gesundheitsminister noch einmal grundsätzlich. Er beklagte die Misstrauenskultur im Land. Wegen einiger Negativbeispiele würden alle unter Generalverdacht gestellt. Laumann warb für mehr Vertrauen. Alles kontrollieren zu wollen führe zu einem System, wie es heute besteht und damit letztlich zu mehr Ungerechtigkeit. »Deswegen sollte man ein neues Wort erfinden: Misstrauensabbau.«
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