Langzeitfolgen durch langlebige Bakterienreste |
Theo Dingermann |
24.04.2025 15:00 Uhr |
Borrelien im Blut: Das Bakterium Borrelia burgdorferi gehört zu den fadenförmigen Spirochäten. / © Getty Images/Science Photo Library
Zecken können nicht nur das FSME-Virus übertragen, das die Frühsommer-Meningoenzephalitis verursacht, sondern auch Borrelien, in unseren Breiten vor allem Borrelia burgdorferi. Die Bakterien lösen die Erkrankung Lyme-Borreliose aus. Sie befinden sich in der nüchternen Zecke im Darm und wandern beim Saugakt in die Speicheldrüsen, von wo aus sie auf den Menschen übertragen werden. Daher muss die Zecke mehrere Stunden, meist mindestens 24 Stunden, am Wirt verbleiben, damit sie Borrelien übertragen kann.
Laut Angaben des Robert-Koch-Instituts sind etwa 6 bis 35 Prozent der Zecken in Deutschland von Borrelien befallen. Nach einem Zeckenstich kann es zu einer Erkrankung kommen, die mehrere Körpersysteme betrifft, einschließlich Haut, Nervensystem, Gelenke und Herz.
In Europa liegt die Inzidenz der gemeldeten Fälle von Borreliose bei ungefähr 30.000 pro Jahr. Vermutet werden jedoch eher 150.000 Fälle pro Jahr. Während die akute Infektion gut auf eine antibiotische Behandlung mit Doxycyclin anspricht, bereiten vor allem postinfektiöse Komplikationen der Lyme-Borreliose Probleme. Zu diesen zählen insbesondere das postinfektiöse Lyme-Arthritis-Syndrom (PLAS) und das Posttreatment Lyme Disease Syndrome (PTLDS). Dabei handelt es sich um ein chronisches Beschwerdebild, das Monate bis Jahre nach einer Infektion auftritt und von Erschöpfung, Schmerzen und kognitiven Problemen gekennzeichnet ist. Jetzt gibt es Hinweise darauf, was diese Spätfolgen verursachen könnte.
In einem im Fachjournal »Science Translational Medicine« erschienenen Artikel berichten Dr. Mecaila McClune und Kollegen von der Feinberg School of Medicine der Northwestern University in Chicago, dass Peptidoglykan-Fragmente der bakteriellen Zellwand als persistierende Antigene für die Spätfolgen einer Lyme-Borreliose verantwortlich sein könnten.
Mithilfe eines Mausmodells wiesen die Forschenden nach, dass polymere Peptidoglykan-Fragmente nach systemischer Applikation in Leber und Milz der Tiere akkumulieren und dort über Wochen persistieren. Diese Persistenz ist chemisch bedingt, denn die Peptidoglykan-Fragmente von Borrelia burgdorferi (PGBb) besitzen besondere Strukturelemente wie L-Ornithin im Stammpeptid und das ungewöhnliche Glykan-Endmotiv G-G-anhM. Besonders diese Komponente scheint die verlängerte Verweildauer zu begünstigen. Denn Vergleichsstudien mit peptidoglykanischen Zellwänden anderer Bakterien, darunter Escherichia coli, Staphylococcus aureus oder Deinococcus radiodurans, zeigten eine deutlich schnellere Clearance, was auf die Einzigartigkeit von PGBb in Bezug auf seine Persistenz hindeutet.