Langwirksamer G-CSF ohne Polyethylenglykol |
Brigitte M. Gensthaler |
04.09.2024 07:00 Uhr |
Bei Brustkrebspatientinnen konnte der neue G-CSF Efbemalenograstim alfa zusätzlich zur Chemotherapie seine Nichtunterlegenheit gegenüber Filgrastim und Pegfilgrastim beweisen. / Foto: Adobe Stock/Seventyfour
Efbemalenograstim alfa (Ryzneuta® 20 mg Injektionslösung, Apogepha) ist zugelassen zur Verkürzung der Dauer von Neutropenien sowie zur Verminderung der Häufigkeit von neutropenischem Fieber bei erwachsenen Patienten mit malignen Tumoren, die eine zytotoxische Chemotherapie bekommen. Ausgenommen sind Patienten mit chronisch myeloischer Leukämie und myelodysplastischem Syndrom.
Eine Fertigspritze enthält 20 mg Efbemalenograstim alfa in 1 ml Injektionslösung. In jedem Therapiezyklus, aber frühestens 24 Stunden nach Gabe der Chemotherapie, wird eine 20-mg-Dosis subkutan injiziert, vorzugsweise in Oberschenkel, Bauch, Gesäß oder Oberarme. Werden das G-CSF-Präparat und die Chemotherapie am selben Tag gegeben, wurde eine verstärkte Myelosuppression nachgewiesen. Eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz ist nicht nötig.
Die Therapie muss von Onkologen und/oder Hämatologen eingeleitet und überwacht werden Eine Selbstinjektion durch den Patienten ist aktuell nicht vorgesehen. Nach Angaben von Apogepha wird daran jedoch gearbeitet.
Der Wirkstoff ist ein rekombinantes Fusionsprotein, das Granulozyten-koloniestimulierenden Faktor (G-CSF), einen 16-Aminosäure-Linker und den Fc-Anteil des humanen IgG2 enthält. In Lösung bildet es kovalent verknüpfte Dimere (Disulfidbrücken zwischen Fc-Teilen) und hat eine Immunglobulin-artige Struktur.
Das Molekül enthält kein Polyethylenglykol (PEG) wie andere langwirksame G-CSF-Präparate, zum Beispiel Pegfilgrastim und Lipegfilgrastim. Vorteilhaft ist das womöglich für Menschen mit Anti-PEG-Antikörpern im Blut, die die Wirkung pegylierter Substanzen verringern und Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen könnten (DOI: 10.1016/j.jconrel.2022.09.031).
Unter einer myelosuppressiven Chemotherapie entwickelt etwa die Hälfte der Patienten eine Chemotherapie-induzierte Neutropenie (CIN). Da die zur Infektionsabwehr nötigen neutrophilen Granulozyten schwinden, steigt das Risiko für potenziell lebensbedrohliche Infektionen. Vor allem die mit Fieber verbundene febrile Neutropenie (FN) gilt als schwere Komplikation und als eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität. Ab einem Risiko von 20 Prozent für die Entwicklung einer FN – bei Risikopersonen auch schon früher – empfehlen S3-Leitlinien daher die prophylaktische Gabe von Granulozyten-koloniestimulierenden Faktoren (G-CSF). Das Peptidhormon wird als Zytokin bei Entzündungen vom Körper ausgeschüttet und regt die Bildung von neutrophilen Granulozyten an. Therapeutisch werden rekombinante humane G-CSF (rhG-CSF) genutzt. Kurz wirksame Präparate werden täglich verabreicht, lang wirksame nur einmal pro Chemotherapiezyklus.
Wie pegylierte G-CSF-Präparate wird auch das Dimer nicht glomerulär über die Niere, sondern über neutrophile Granulozyten (Endozytose) eliminiert. Daher sinkt die Serumkonzentration rasch, sobald sich die neutrophilen Granulozyten zu erholen beginnen. Die Halbwertszeit nach subkutaner Injektion liegt zwischen 19 und 84 Stunden.
Alle G-CSF-Präparate wirken in gleicher Weise. Innerhalb von 24 Stunden lassen sie die Zahl neutrophiler Granulozyten im peripheren Blut deutlich ansteigen, bei einem geringen Anstieg von Monozyten und Lymphozyten. Die gebildeten Granulozyten haben eine normale oder erhöhte Funktionsfähigkeit.