Kopfschmerzen digital in den Griff bekommen |
Daniela Hüttemann |
22.06.2022 18:00 Uhr |
Herausgeber Professor Dr. Hartmut Göbel vergleicht die Funktionen mit dem Cockpit eines Autos, »um die Kurve in der Behandlung zu kriegen«. Neben den üblichen Eingaben zu Dauer, Intensität, zusätzlichen Symptomen, Medikamenten et cetera, die sich automatisch auswerten lassen, steht hier auch ein Schnelltest zur Verfügung, ob es sich eher um Migräne, Spannungs- oder Clusterkopfschmerz oder Kopfschmerz durch Medikamentenübergebrauch handeln könnte. Ebenso lässt sich das Chronifizierungsrisiko einschätzen.
Weitere Tools sind eine sogenannte Aura-Simulation (spannend für Nicht-Betroffene, um einen Eindruck von diesem migränetypischen Symptom zu bekommen) und – für Apotheker besonders interessant – die »Triptan-Schwelle«. Hier soll ermittelt werden, ob der Einsatz eines Triptans bereits sinnvoll sein kann. Enthalten sind außerdem eine Expertensuche sowie drei Audiodateien zur progressiven Muskelentspannung, darunter auch eine für Kinder. Weitere Informationen über Kopfschmerzen sind verlinkt auf der Website der Schmerzklinik Kiel sowie deren Betroffenen-Community headbook.me zu finden. Für den Austausch dort ist eine Registrierung nötig, für die reine Anwendung der App dagegen nicht.
Als einzige Kopfschmerz-App war »M-Sense Migräne« bis Anfang April im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelistet. Sie war dort vorläufig aufgenommen und wurde nun gestrichen. Damit ist sie nicht mehr verordnungsfähig. Dabei war das Produkt laut Anbieter im Jahr 2021 die DiGA mit der höchsten Wiederverschreibungsrate.
»M-Sense Migräne« ist die derzeit umfassendste App zur Migränebewältigung. / Foto: Newsenselab
Das Medizinprodukt soll aber vorläufig kostenlos verfügbar bleiben, »damit die Nutzer das Behandlungsprogramm ohne Unterbrechung weiterführen können«, teilte Newsenselab am 31. März mit. Lediglich eine Registrierung ist nötig.
»M-Sense Migräne« enthält neben dem Kopfschmerztagebuch inklusive Triggermanagement und leitlinienkonformen Empfehlungen auch animierte physiotherapeutische Übungen, Anleitungen zum Ausdauersport sowie Audiodateien für Entspannungsübungen. Zehn- bis 15-wöchige Programme sollen helfen, gute Gewohnheiten zu etablieren. Das erfordert einiges an Zeit und Disziplin vom Nutzer.
Mithilfe der gewonnenen Real-World-Daten will Newsenselab eine neue Version der App entwickeln. Die Schwester-App »M-Sense Migräne und Kopfschmerz« funktioniert ähnlich, ist laut Anbieterangaben aber derzeit nur für bereits registrierte Nutzer zugänglich.
In der Serie »PZ App-Check« stellt die PZ digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) indikationsbezogen vor, ergänzt durch weitere aus Sicht der Redaktion empfehlenswerte Gesundheits-Apps. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und es erfolgt keine detaillierte Bewertung. Geachtet wird etwa auf die Seriosität der Anbieter, die Verfügbarkeit sowohl für Apple- als auch Android-Nutzer und die Verfügbarkeit der App in deutscher Sprache. Bisher erschienen sind Beiträge zu den Indikationen Übergewicht, Tinnitus, Depressionen, Reizdarm, Heuschnupfen, Neurodermitis, weiblicher Zyklus, Reisemedizin, COPD und multiple Sklerose. Sie sind hier zu finden.